STUTTGART. CDU-Fraktionschef Manuel Hagel nutzte die von der SPD beantragte Aktuelle Landtagsdebatte über die Bundestagswahl, um anhand von „zehn Gemeinsamkeiten“ die Möglichkeiten einer Jamaika-Koalition zu unterstreichen. Aus den Wahlergebnissen vom Sonntag erwachse kein Regierungsauftrag, aber ein Regierungsangebot.
„Natürlich stehen wir bereit“, so Hagel, der die Verbindung von CDU und FDP lobte, weil sie „immer die Idee von Freiheit, Verantwortung und sozialer Marktwirtschaft war“. Und die gelte es jetzt weiterzuentwickeln hin zu einer klimaneutralen Industrie. Unter anderem warb Hagel mit dem gemeinsamen Bild von Familie, mit dem Verzicht auf Steuererhöhungen „und damit der Berechenbarkeit für Mittelstand, für Innovation und für Kreativität“, der inneren Sicherheit oder einem schnelleren Aufstieg aus der Kohle. Damit stützte der CDU-Fraktionschef die Linie von Landeschef Thomas Strobl, der ebenfalls Gespräche mit Grünen und FDP befürwortet, „wenn sie uns angetragen werden“.
Deutlich offener positionierte sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der noch einmal dem Eindruck entgegentreten wollte, ebenfalls eine Jamaika-Koalition zu favorisieren: „Ich empfehle allen, es so zu machen, wie wir es im Land auch gemacht haben und ergebnisoffen zu sondieren“. Die CDU habe eine schwere Niederlage erlitten, die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten hingegen eine "furiose Aufholjagd hingelegt". Und: "Weil jetzt alles Mögliche kolportiert wird über mein Verhältnis zu Herrn Scholz, kann ich nur sagen, es ist professionell, es ist konstruktiv und an der Sache orientiert."
Anders als von FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisiert, habe er sich auch keineswegs "verzockt" mit der Bildung der grün-schwarzen Landesregierung im Frühjahr: „Wir haben nicht auf den Bund geschielt und gefragt, was können wohl im Herbst die neuen Farben der Saison sein? Wir haben darauf geschaut, was passt zu diesem Land und seinen Menschen, welches Bündnis ist langfristig am tragfähigsten." Es sei um das Gemeinwohl und die Interessen des Landes und nicht um politische Taktierereien gegangen.
Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz fand es richtig, dass SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz mit der Einladung an Grüne und FDP zu Sondierungsgesprächen den ersten Schritt gemacht habe. Er sei aber auch dafür, Gesprächseinladungen von der Union anzunehmen. Wichtig sei allein, „eine verlässliche und stabile Regierung für Deutschland zu bilden“, die angesichts der Herausforderungen im Klimaschutz vor allem eine Klimaregierung sein müsse: "Wichtig ist nicht die Farbenlehre, sondern dass gut zusammengearbeitet wird."
Der FDP-Fraktionschef wiederholte die Eintrittsbedingungen: „Es wird mit uns auch keine Aufweichung der Schuldenbremse geben, wie manche sich das vorstellen.“ Und er verlangte „einen effektiven Klimaschutz über Anreize und nicht nur über Verbote“.
Zum Auftakt der Debatte hatte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch daran erinnert, wer zu den Sieger und wer zu den Verlierern gehört. Die CDU sei die größte Verliererin „und, das ist offensichtlich, die Wählerinnen und Wähler wollen sie nicht in der nächsten Bundesregierung“. Ein größerer Misstrauensbeweis sei kaum möglich: „Wem diese Botschaft noch nicht eindeutig genug ist, der kann das Volk befragen, so wie es der jüngste Deutschlandtrend getan hat, nach dem über 60 Prozent Olaf Scholz als Kanzler wollen, gerade mal 16 Prozent hätten gerne eine Bundeskanzler Laschet.“ 55 Prozent der Deutschen wollten eine von der SPD geführte Ampelkoalition, und das sei „in der Demokratie eine absolute Mehrheit“.
Zufrieden zeigten sich die Fraktionschefs von Grünen, CDU, SPD und FDP mit dem Ergebnis der AfD. Die selbsternannten Volkstribune am oder jenseits des rechten Rands hätten „einmal mehr die Bestätigung, dass sie allenfalls für eine laute Minderheit stehen“, so Stoch, der zugleich „unerträglich“ nannte, dass eine Partei wie die AfD trotz ihrer Verluste immer noch knapp zehn Prozent der Stimmen erhält. AfD-Fraktionschef Bernd Gögel wandte sich gegen diese „Wählerbeschimpfung“. Die Wähler hätten keine Auswahl gehabt, denn „inhaltlich wurde in diesem Wahlkampf nichts, was den Wähler betrifft, debattiert, denn es ging um Klima, es ging vielleicht hier und da um den Mindestlohn“. Zu wesentliche Themen wie der sozialen Sicherheit, der Rentenpolitik, der europäischen Politik oder der Außenpolitik hätten die Wähler nichts vernommen.
Auch Hagel kritisierte die SPD scharf, weil Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammenpassten. 15 Jahre sei die SPD lag am Boden gelegen, „die letzten vier Wochen ging es bergauf, und das ist die wundersamste Auferstehung seit Lazarus in der Bibel“.