Stuttgart. Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) hat die zeitliche Verzögerung der Besoldungserhöhung für Beamte und Pensionäre erneut verteidigt. Die Landesregierung habe einen fairen und sozial ausgewogenen Kompromiss gefunden, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei der Einbringung des Gesetzentwurfs über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Baden-Württemberg 2015/2016.
Bis einschließlich der Besoldungsgruppe A9 und der Anwärter werde die am 28. März erreichte Tarifeinigung für die Beschäftigten der Länder zeit- und inhaltsgleich mit Wirkung vom 1. März übernommen. Die Besoldung und Versorgung soll im ersten Schritt linear um 1,9 Prozent erhöht werden. Die Anwärtergrundbeträge steigen um 30 Euro. Für die Besoldungsgruppen A 10 und A 11 erfolgt die Erhöhung zum 1. Juli, für die übrigen Besoldungsgruppen zum 1. November.
Im zweiten Schritt wird die Besoldung und Versorgung linear um 2,1 Prozent, mindestens jedoch um 75 Euro erhöht, die Anwärtergrundbeträge um weitere 30 Euro. Diese Erhöhungen erfolgen zum 1. März, 1. Juli und 1. November 2016. Nach Angaben von Minister Schmid erhöhen sich durch die Anpassungen die Personalmehrausgaben im Bereich Besoldung und Versorgung in diesem Jahr gegenüber 2014 um 71,5 Millionen Euro. 2016 sind es 335,9 Millionen Euro, 2017 sogar 543,6 Millionen Euro. Die Mehrkosten bei Gemeinden, Gemeindeverbänden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts belaufen sich auf 11,1 Millionen Euro (2015), 52,1 Millionen (2016) und 84,3 Millionen Euro (2017).
Das Land habe an der inhaltsgleichen Erhöhung festgehalten, weil Grün-Rot eine „faire Besoldung“ für die gute Arbeit und ein Recht auf Teilhabe an der Einkommensentwicklung leisten möchte. „Wir reden auch nicht von einer Nullrunde, sondern nur von einer zeitlichen Verzögerung der Anpassung“, erklärte Minister Schmid. Zur Kritik, vor allem von Seiten des Beamtenbundes, sagte er, die Regierung trage eine Gesamtverantwortung und dürfe „andere wichtige Aspekte nicht außer acht“ lassen. Der pauschale Vorwurf – „die sparen an den Beamten“ – sei nicht zutreffend. 40 Prozent des Landeshaushalts entfielen bereits auf Personalkosten.
Auch Muhterem Aras (Grüne) bezeichnete das Vorgehen als gute Lösung. Eine zeitgleiche Übernahme wäre wünschenswert gewesen, die Regierung müsse aber auch andere Dinge und die Haushaltslage berücksichtigen. „Die Beamten werden nicht abgekoppelt von der Einkommensentwicklung“, betonte Aras. Das Vorgehen der Landesregierung sei auch verfassungskonform. Klaus Maier (SPD) sprach ebenfalls von einem Kompromiss. Eine 1:1-Übernahme wäre deutlich teurer gewesen, erklärte er. Mit der Besoldungserhöhung wird aus Maiers Sicht die „Attraktivität des öffentlichen Dienstes gestärkt“. Grün-Rot habe bereits für Verbesserungen bei den Landesbediensteten gesorgt: Als Beispiele nannte er die 500 neuen Stellen in der Steuerverwaltung, mehr neu eingestellte Polizisten und Lehrer oder zahlreiche Beförderungen und Stellenanhebungen.
Für die Opposition änderte dies nichts an ihrer kritischen Haltung. Friedrich Bullinger (FDP) erinnerte daran, dass die einst von Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) getroffene Vereinbarung mit dem Beamtenbund „nach wie vor gültig ist“. Er warf Grün-Rot vor, nur bei der Beamtenschaft zu sparen, „nicht aber bei der Klientel der Grünen“. Wer Leistung und Qualität wolle, müsse diese auch bezahlen. Die Besoldungserhöhung sei unausgegoren und einseitig ausgelegt.
Joachim Kößler (CDU) sprach von einem „Sonderopfer von Beamten und Pensionären“. Die Staatsdiener müssten, wie bei der Kürzung der Beihilfe, wieder als „Melkkuh“ für Grün-Rot herhalten. „Eine zeit- und inhaltsgleiche Übernahme der Tariferhöhung wäre möglich gewesen“, sagte Kößler und nannte als Beispiele die Länder Bayern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hamburg. Der Landesregierung warf er eine „Verweigerungshaltung“ und schlechten Umgang mit dem Beamtenbund vor. Offenbar sei Grün-Rot der Juchtenkäfer wichtiger als die Landesbediensteten.