Stuttgart. Nicht nur im europäischen, sondern auch im internationalen Kontext belegt Baden-Württemberg bei den Geldern für Forschung und Entwicklung laut Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) einen „absoluten Spitzenplatz“. Grundlage dieser Einschätzung ist der Innovationsindex, wie Bauer in einer Landtagsdebatte, der zweiten ihrer Art am Mittwoch, ausführte. Das Land komme auf 82 Punkte, Bayern auf 65 oder die Ile-de-France rund um Paris auf 64. „Maßgeblich für diese Positionierung ist der beträchtliche Anteil der Investitionen in Forschung und Entwicklung“, so Bauer weiter. Allein 2015 seien rund 22 Milliarden Euro und damit fast fünf Prozent des BIP in diesen Bereich geflossen.
Der Landtag debattierte einen Antrag der Grünen, der Baden-Württemberg als besonders innovativ und damit zukunftsfähig beschreibt, unter anderen wegen der "herausragenden Rolle", die Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie die hochschulnahen Start-ups spielen. Schon im Koalitionsvertrag von 2016 werde dieser Innovationsstärke eine zentrale Bedeutung zugemessen. Als beispielhaft sind das Programm „Gründerkultur in Studium und Lehre“ oder auch das Leuchtturmprojekt „Cyber Valley“ genannt. Die richtige Mischung mache das Land zum Innovationstandort Nummer eins, so Nese Erikli (Grüne). Und weiter: „Wir wollen das Klima retten und neue Arbeitsplätze schaffen“, nicht zuletzt, weil über die Hälfte der Wählerinnen und Wähler bei der Europawahl angegeben hätten, „dass Klima- und Umweltpolitik für ihre Wahl entscheidend waren“.
Für die CDU-Fraktion versuchte Andreas Deuschle andere Schwerpunkte zu setzen und rückte die allerdings abwesende Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) in den Mittelpunkt. Ihr sei er „sehr dankbar“, weil sie „die KI-Strategie des Landes selbstbewusst weiterentwickelt, mit dem großen Innovationspark KI, der Forschungseinrichtungen“, weil sie „Unternehmen und Start-ups einmal mehr zusammenbringt“ und die Kleinen mitnehme, „nämlich da, wo Innovation beginnt, direkt bei den mittleren und kleineren Unternehmen“. Und Deuschle nutzte die Gelegenheit, um erneut auf das Dauerthema Fahrverbote zu sprechen zu kommen: „Die CDU-Fraktion ist fest davon überzeugt, dass man auch die Lösung für eine saubere Stadtluft auf den Produktionsstraßen innovativer Unternehmen findet, und nicht auf dem Klageweg vor den Verwaltungsgerichten.“
Auch der FDP-Abgeordnete Nico Weinmann lobte die Innovationsstärke des Landes, die vom „gelungenen Zusammenspiel insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen mit den Forschungseinrichtungen und einem vitalen Technologietransfer“ lebe. Allerdings schränkte er ein, dass dies „nicht wegen, sondern trotz der Politik der Landesregierung“ erreicht werde. Die von Bauer erwähnten fünf Prozent würden zu 80 Prozent von den Unternehmen im Land getragen. Diese Praktiker hätten der Koalition ein „ganzes Bündel an Forderungen ins Stammbuch geschrieben, um Innovationen und Gründergeist in Baden-Württemberg zu stärken“. Dort zeige sich, wie viel es noch zu tun gebe.
Für die SPD kritisierte Ramazan Selcuk die Landesregierung noch schärfer, weil sie „vieles falsch“ mache, etwa beim Thema moderne Mobilitätskonzepte. Da gelte „im Stuttgarter Kabinett das Motto: Weniger ist Mehr und damit ist nicht der Autoverkehr in und um Stuttgart gemeint, sondern das Engagement von Verkehrsminister Hermann“. Zudem gebe es im Bereich der Digitalisierung „ein riesiges grün-schwarzes Loch“.
Das Verständnis der Grünen als Fraktion rückte Rüdiger Klos (AfD) in den Mittelpunkt seiner Rede: „Dieser Antrag und die bisherige Debatte offenbaren, dass man in der Fraktion der Grünen wohl das kleine Einmaleins einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und das Prinzip der Gewaltenteilung in Erinnerung rufen muss.“ Es gebe die Legislative – „das sind wir hier, die Abgeordneten im Landtag“ –, und die Exekutive – „das ist dieser Schweizer Käse, der kaum besetzt hier sitzt“. Die Aufgabe der Exekutive sei die ausführende Gewalt, „und unsere Aufgabe im Landtag ist es, die Regierung zu kontrollieren, und nicht, der Regierung eine Plattform zur Selbstdarstellung zu liefern, so, wie es der Antrag der Grünen tut“.