Stuttgart. Die Landesregierung lehnt die Steuersenkungspläne der Bundesregierung strikt ab. „Steuersenkungen auf Pump sind Unsinn. Schwarz-Gelb leistet dem gesunden Menschenverstand Widerstand“, sagte Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) am Mittwoch im Landtag. Gerade in Zeiten der europa- und weltweiten Finanzkrise sei eine „solide Haushaltspolitik“ wichtig. „Frau Merkel versteht dies offensichtlich nicht“, kritisierte Schmid in der von der Grünen-Fraktion beantragten Akutellen Debatte zur „Geplanten Steuersenkung der Bundesregierung und Auswirkungen auf Baden-Württemberg“.
Schmid lehnte Taschenspielertricks der Bundesregierung ab, die sieben Milliarden Euro kosten würden. Dem Land gingen dadurch 530 Millionen Euro pro Jahr flöten; dies werde man nicht zulassen, um die Null-Verschuldung des Landes nicht zu gefährden. Baden-Württemberg brauche Geld für Straßen und Bildung. Durch die „verrückten Steuerpläne“ würden auch den Kommunen im Südwesten 440 Millionen Euro verloren gehen.
Schmid erneuerte seinen Plan, die Steuerverwaltung aufzustocken, um Steuerhinterzieher zu ertappen. „Wir werden auch, im Gegensatz zur Vorgänger-Regierung, Steuer-CD ankaufen“, erklärte der Minister. Wirkliche Beiträge zur Konsolidierung ergeben sich für Schmid durch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und durch eine Vermögenssteuer.
Nach Ansicht von Muhterem Aras (Grüne) verstoßen die geplanten, von den Bundesministern Wolfgang Schäuble (CDU) und Philipp Rösler (FDP) vorgestellten Pläne gegen die im Grundgesetz verankerten finanzpolitischen Regeln. Für ihre Partei komme Schuldenabbau vor Steuersenkungen; vor allem dürfe es keine Steuersenkung auf Pump geben, sagte Aras. Die Berliner Pläne hätten einzig und allein das Ziel, die FDP vor der Bedeutungslosigkeit zu retten. Die Liberalen seien zur „Ein-Thema-Partei“ geworden.
Baden-Württemberg müsse bei einem Schuldenberg von 43 Milliarden Euro allein zwei Milliarden Euro an Zinsen pro Jahr zahlen. „Durch die Pläne der Bundesregierung würde Baden-Württemberg 500 Millionen Euro jährlich weniger einnehmen“, rechnete die Grünen-Politikerin vor. Diese Summe entspreche 8000 Lehrer- oder 10 000 Polizistenstellen. Aras kündigte an, die grün-rote Landesregierung werden jede Ausgabe prüfen und neue Stellen nur im Ausnahmefall und nach eingehender Prüfung genehmigen, um auch 2012 die Nullverschuldung zu erreichen. Der Südwesten werde im Bundesrat die Steuersekungspläne ablehnen.
Joachim Kößler (CDU) betonte, es gehe bei den Plänen nicht um Steuersenkung, sondern um Steuergerechtigkeit. Allein in den Jahren 1994 bis 2007 habe der Staat 34 Milliarden Euro durch die kalte Progression eingenommen. Deshalb müsse die kalte Progression beseitigt werden, damit Geringverdienern nicht weiter das „Geld aus der Tasche gezogen wird“. Bei Vielen würde sich zwei Prozent mehr Gehalt und Lohn in 8,4 Prozent mehr Steuern auswirken.
Claus Schmiedel (SPD) warf CDU und FDP eine „Steuersenkung auf Pump“ vor. Der Schuldenberg werde dadurch vergrößert, zumal mit sinkenden Einnahmen aus der Brennelementesteuer zu rechnen seien. „Die Steuersenkung ist gaga“, sagte der SPD-Fraktionschef und verwies auf den CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl, der die Steuersenkungspläne der Bundesregierung abgelehnt hat. Um Unheil vom Landeshaushalt abzuwenden, schlug er einen Brief aller Landtags-Fraktionen an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, in dem die Pläne zurückgewiesen werden. Die Bürger sollten am Aufschwung profitieren, forderte Leopold Grimm (FDP). Dies über die Beseitigung der kalten Progression zu tun, bringe soziale Gerechtigkeit für kleinere und mittlere Verdiener. Man müsse denen, die Leistung bringen, etwas gönnen, sagte Grimm.