Stuttgart. Die Abgeordneten des Landtags müssen künftig für ihr Alter in ein Versorgungswerk einzahlen. Diese Lösung, mit der das Parlament eine jahrelange Debatte beendete, war von der SPD schon in der vergangenen Legislaturperiode ins Spiel gebracht worden, scheiterte aber vor allem an der CDU. Jetzt schließt sich Baden-Württemberg doch der bereits bestehenden Einrichtung der Länder Brandenburg und Nordrhein-Westfalen an. In der namentlichen Abstimmung am Mittwoch in Stuttgart votierten 90 Abgeordnete für den Gesetzentwurf zur Neuregelung und 31 Abgeordnete dagegen bei einer Enthaltung. Grüne, CDU und SPD hatten zuvor ihre Zustimmung signalisiert, AfD und FDP ihr Nein angekündigt.
Nicole Razavi, parlamentarische Geschäftsführerin der CDU, räumte ein, „dass in der ganzen Debatte mir und vielen von uns manche Kommentierung, manche Unterstellung auch durch Unwissenheit an die Nieren gegangen ist“. Mit dem Vorwurf oder dem Verdacht der Selbstbedienung müssten Abgeordnete „selbstkritisch auskommen und uns diesem auch selbstkritisch stellen“. Aber Sorge mache „die geringe Wertschätzung und die schlechte Meinung“, die viele Menschen von Abgeordneten, von ihrer Aufgabe und ihrer Arbeit hätten. Das treffe „vor allem unsere parlamentarische Demokratie an sich ins Mark“.
In der Sache verteidigte sie, wie auch ihr Grünen-Kollege Hans-Ulrich Sckerl, die gefundene Regelung als angemessen. Die Entscheidung sei richtig, erklärte Sckerl, eine Expertenkommission und ein Bürgerforum hätten unabhängig gearbeitet und ihre Vorschläge gemacht. Teilnehmer des Bürgerforums verfolgten die Landtagssitzung von der Zuschauertribüne aus.
Der FDP-Abgeordnete Jochen Haußmann kritisierte, dass die Politik die Bürger zwar auffordere, privat vorzusorgen, das selber aber nicht tue. Dazu seien Grüne, CDU und SPD aber nicht bereit. Auch wundere ihn, warum „nicht schon in der letzten Legislaturperiode das Versorgungwerk vorgeschlagen worden ist“. Mit der Vehemenz, mit der die Sozialdemokraten dies jetzt vortrügen, „hätten Sie in der letzten Legislaturperiode für das Versorgungswerk sorgen müssen“.
Für die AfD sprach Fraktionsvize Emil Sänze von einem „falschen Signal in einer Situation, in der große Teile der Gesellschaft die Landtagsabgeordneten ohnehin als privilegiert und den Sorgen der Bürger entrückt empfinden“. Reinhold Gall, der frühere SPD-Innenminister, wollte noch einmal festhalten, dass kein Neuland betreten werde: „Wir schaffen kein Baden-Württemberg-Konstrukt, das nur auf uns und für uns zugeschnitten ist." Vielmehr ergebe sich durch den Beitritt zu einem schon bestehenden Versorgungswerk eine "Möglichkeit, die – auch das will ich noch einmal ausdrücklich erwähnt haben – für die Abgeordneten nicht die vorteilhafteste ist.“
Notwendig geworden sind die Veränderungen nach einer Reform, die 2011 in Kraft trat und eine Abkehr von der staatlichen Altersversorgung mit sich brachte. Neue Abgeordnete hatten privat für ihr Alter vorzusorgen, nicht wenige sahen darin ein Problem. 2017 beschloss der Landtag im Schnelldurchlauf deshalb, eine Rückkehr zur Staatspension zu ermöglichen. Lauter öffentlicher Protest war die Folge, die Entscheidung wurde zurückgenommen. Es folgten monatelange Verhandlungen, in denen sich Grüne, CDU und SPD auf dem Eintritt ins Versorgungswerk verständigten.