Stuttgart. Die Studienbedingungen genießen nach Ansicht von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) „höchsten Wert“ für die Landesregierung. Durch die wachsenden Studierendenzahlen in den kommenden Jahre sei eine „enorme Kraftanstrengung“ notwendig, um die Qualität von Lehre und Forschung zu halten und zu verbessern, sagte die Ministerin an diesem Mittwoch im Landtag.
Deshalb werde die grün-rote Regierung im nächsten Doppelhaushalt „Klarheit und Ehrlichkeit einführen“. Bauer warf der Vorgängerregierung von CDU und FDP vor, in der Vergangenheit mit Differenzen zwischen Soll- und Ist-Zahlen operiert zu haben. Kritik durch die Redner der Opposition an der Neuverschuldung konterte die Ministerin mit der Aussage: „Dass die Zinsbelastung des Landes höher ist als die Neuverschuldung, das hat die alte Landesregierung zu verantworten.“
Abgeordnete von CDU und FDP nutzten die von der Grünen-Fraktion beantragte aktuelle Debatte zum Thema „Gute Rahmenbedingungen für Studierende in Baden-Württemberg trotz schwieriger Haushaltslage“, um die geplanten Einschnitte im Doppelhaushalt zu kritisieren. Die Senkung der Eingangsbesoldung sei „Hohn und Spott“, sagte Dietrich Birk (CDU). Leistungsträger, junge Forscher und Wissenschaftler, die „Creme der Forschung“ würden bestraft. Dadurch werde der Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg ausbluten, prophezeite Birk. Die Zinsbelastung von 50 bis 70 Millionen Euro durch die neuen Schulden von 3,3 Milliarden Euro sei Geld, das der Wissenschaft fehle. „Was Grün-Rot plant, wird den Hochschul-Standort Baden-Württemberg nicht voranbringen“, sagte der CDU-Abgeordnete. Birk forderte auch mehr Wohnraum für Studenten an den Hochschulstandorten sowie mehr Plätze für Master-Studenten.
Nach Ansicht von Timm Kern (FDP) will die Landesregierung mit der Debatte „von Mißgeschicken ablenken“. So sei die Abschaffung der Studiengebühren eine „grundfalsche Weichenstellung im Hinblick auf die Zukunft“, meinte der Liberale. Statt ein Modell mit nachlaufenden Studiengebühren einzuführen, das sich auch sozial staffeln lasse, finanziere nun die Krankenschwester das Studium des Millionärsohnes. Dabei seien die Hochschulen auf eine weitere gute finanzielle Ausstattung angewiesen.
Dagegen lobte Kai Schmidt-Eisenlohr (Grüne) die Hochschulpolitik von Grün-Rot. Der doppelte Abitur-Jahrgang habe zu mehr als 300 000 Studierenden im Wintersemester 2012/13 geführt - zur Rekordzahl in der Geschichte des Landes. Deshalb sei das Ausbauprogramm Hochschule 2012 deutlich aufgestockt und daraus 22 500 Studienplätze gefördert worden. „Dieses Ausbauprogramm kommt allen Hochschulen zu Gute“, sagte Schmidt-Eisenlohr. Außerdem seien die Arbeitsbedingungen verbessert worden: 483 Stellen seien von befristeten und unbefristete Arbeitsverhältnisse umgewandelt und damit Unsicherheit und Frist beseitigt worden. „Wir wollen die besten Köpfe für Baden-Württemberg und das werden wird sicherstellen.“ Insgesamt sollen 650 Stellen entfristet werden. Verlässlichkeit sei ein wichtiger Baustein für gute Arbeit an Hochschulen.
Martin Rivoir (SPD) konterte die Attacken der Opposition mit dem Hinweis, dass die Abschaffung der Studiengebühren ein „großer Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit“ gewesen ist. Zudem seien mit der Einführung der verfassten Studierendenschaft „endlich demokratische Entscheidungen“ an den Hochschulen möglich. Rivoir erklärte ferner, noch nie habe eine Landesregierung soviel für die Sanierung von Hochschulgebäuden bereit gestellt; dies sei erforderlich, da Grün-Rot einen Sanierungsstau bei Hochschulbauten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro von der CDU/FDP-Regierung übernommen habe. Gleichzeitig räumte der SPD-Abgeordnete ein, dass die „goldenen Zeiten“ für Hochschulen aufgrund der derzeitigen finanziellen Lage vorbei sind.
Deshalb zog die Wissenschaftsministerin eine positive Bilanz ihrer eineinhalbjährigen Amtszeit. Durch die Abschaffung von Studiengebühren und Aufnahmeprüfungen sei der „Zugang fairer gemacht“ worden. Es seien genügend Studienplätze geschaffen und die Qualität der Bedingungen verbessert worden. Bauer erwähnte auch, dass individuelles Lernen nicht nur an den Schulen, sondern auch an den Hochschulen im Zuge eines dreijährigen Projekts möglich ist. „Dieses Projekt werden wir gegebenenfalls verlängern“, kündigte die Ministerin an.