Stuttgart. Die Kommission war unabhängig. Es habe keine Einflussnahme durch das Wissenschaftsministerium gegeben, machte Hartmut Melenk vor dem Untersuchungsausschuss „Zulagen Ludwigsburg“ deutlich. Der ehemalige Rektor der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg gehörte ebenso wie der pensionierte Ministerialbeamte Harald Hagmann und der ehemalige Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) der von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) eingesetzten Kommission an.
Die Kommission unter Vorsitz von Stratthaus hatte die Aufgabe, ein Bild von der aktuellen Situation an Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg zu gewinnen. Es sei nicht um Ursachenforschung oder Schuldfragen gegangen, betonte Melenk, sondern einzig und allein um die Funktionsfähigkeit der Hochschule.
Die Unabhängigkeit der Kommission bestätigte auch Hagmann und Stratthaus. Es habe keine Weisungen oder Erwartungen von Seiten des Ministeriums gegeben. "Auf etwas anders hätte ich mich auch nicht eingelassen", sagte Hagmann. Und auch Stratthaus sagte: "Wir waren vollkommen unabhängig."
Stratthaus machte zudem deutlich, dass die beiden anderen Kommissionsmitglieder deutlich sachkundiger gewesen seien als er. "In Struktur und Ablauf der Hochschularbeit kenne ich mich nicht so aus", sagte Stratthaus. Als Vorsitzender sah er sich so ähnlich wie ein Landtagspräsident: Er habe Termine gemacht und das Wort erteilt. Er ging davon aus, dass man ihn gebeten habe, in der Kommission mitzuarbeiten, um das Parlament und damit einen Vertreter einer Nicht-Regierungsfraktion einzubinden. Denn der war als die Kommission 2014 eingesetzt wurde, als CDU-Abgeordneter Mitglieder der damals größten Oppositionsfraktion.
Die Kommission habe mit rund 50 Gesprächspartner auf allen Ebenen gesprochen, mit Professoren, Verwaltungsmitarbeitern und Studierenden. Melenk sprach von starken Spannungen und Ängsten. Deshalb habe die Kommission beispielsweise nicht an der Verwaltungshochschule sondern an der Pädagogischen Hochschule getagt. Zum Teil hätten Gesprächspartner darauf geschaut, ob auch niemand gesehen habe, dass sie kamen.
Den Gesprächsteilnehmern sei zugesichert worden, dass Meinungen und Informationen vertraulich blieben. Deshalb wurden keine Protokolle über Einzelgespräche geführt. Das Ziel sei ein Gesamtbild gewesen, ohne dass Einzelmeinungen erkennbar wurden. „Es wurde schnell deutlich, dass die Zusammenarbeit auf Leitungsebene überhaupt nicht funktionierte. Auf der Ebene darunter zwischen Dekanen, Professoren, Kanzlerin und Verwaltung waren Probleme sehr viel geringer“, so Melenk. Auch Lehre und Prüfungen hätten stattgefunden. Diese hätten auch nicht wesentlich gelitten.
Hagmann sprach von zahlreichen Problemen an der Hochschule. Diese hätten sich lösen lassen, wäre da Verhältnis zwischen den Führungspersonen nicht so zerrüttet gewesen. Er sprach davon, dass die Rektorin einen direktiven Führungsstil praktizierte habe, der an einer Hochschule unmöglich funktionieren könnte. Ihre rechtlichen Analysen seien richtig gewesen, doch es habe am Umgang mit den Menschen gefehlt. Die Rektorin habe sich mehr und mehr darauf zurückgezogen, dass sie rechtmäßig gehandelt habe. Es habe auch keine Abgrenzung der Geschäftsbereiche im Rektorat gegeben. Sie habe auch in Fragen der Lehre übergegriffen, für die eigentlich die Fakultäten zuständig waren. "Das kann an einer Hochschule nicht funktionieren", so Hagmann. Er machte zugleich deutlich, dass auch die Gegenseite nicht zimperlich vorgegangen sei. Man wollte eine Funktionsunfähigkeit der Hochschule durch Massenrücktritte bewirken und habe dazu auch massiven Druck auf Professoren und Funktionsträger ausgeübt.
Bereits am zweiten Tag der Befragungen sei klar gewesen, dass es eine Zukunft der Hochschule nur ohne die Rektorin gesehen würde. Zugleich sei klar gewesen, dass es in Bezug auf Kanzlerin und Dekane keine solche Empfehlung geben würde. Denn damit würde man die Hochschule wirklich lahmlegen, so Melenk.
Laut Hagmann hatte die Kommission erwogen, einen kompletten personellen Neuanfang in allen Führungspositionen zu empfehlen. Ein Teil der Funktionsgträger war bereits zurückgetreten. Die Kommission hätte keine Hoffnung gehabt, dass es bei der Rektorin zu einer Änderung im Verhalten kommen könnte. Man habe erwartet, dass Rektorin die Lage sehe und aus freien Stücken zurücktreten würde. "Dahin ging ja auch unsere Empfehlung", so Hagmann. Die Dekanin war bereits zurück getreten. Bei der Kanzlerin gab es keine Empfehlung. Da habe die Kommission sich schwer getan. Es habe keine rechtliche Handhabe gegeben. Auch haben man den Beitrag der Kanzlerin zur Krise nicht so massiv bewertet wie bei anderen.
Die Kommission hatte letztendlich eine Zukunft der Hochschule ohne die Rektorin empfohlen und als besten Weg auf einen freiwilligen Rücktritt der Rektorin gesetzten. Mit Abschluss des Berichts sei die Arbeit der Kommission erledigt gewesen. Die Kommission habe eine Empfehlung abgegeben. Alles weitere sei Sache des Wissenschaftsministeriums gewesen, sagte Melenk.
Melenk, der in der Folge von Wissenschaftsministerin Bauer auch als kommissarischer Leiter der Verwaltungshochschule eingesetzt worden war, berichtet darüber hinaus, dass er an der Hochschule sehr freundlich aufgenommen worden war. Es sei viel zu tun gewesen und die Situation nicht einfach gewesen.
Am Vormittag hatte der ehemalige Asta-Vorsitzende erklärt,dass die Kommission aus seiner Sicht unter Zeitdruck gestanden hätte. Er begründete das damit, dass Stratthaus im Gespräch mit ihm und anderen Studierendenvertretern im Viertelstundentakt darauf hingewiesen habe, dass die Studierenden noch so und so viel Zeit hätten, ihn und die Kommission zu überzeugen. Im Bericht der Kommission habe er sich nicht wiedergefunden, so der ehemalige Asta-Vorsitzende.
Laut Hagmann hatte die Kommission die notwendige Zeit, um die Situation an der Hochschule zu untersuchen. Der Vortrag des ehemaligen Asta-Vorsitzenden sei sehr "länglich" gewesen. Hätte es neue Erkenntnisse gegeben, hätte die Kommission sich auch mehr Zeit genommen.
Für die Vorsitzende des U-Ausschusses Sabine Kurtz (CDU) wurde die Unabhängigkeit der Kommission durch die Aussagen an diesem Tag bestätigt. Kurtz wies darüber hinaus darauf hin, dass die Ermittlungsbeauftragte die Hochschule aktuell auf einem guten Weg sieht. Dies hatte sie vor dem Ausschuss im nicht-öffentlichen Teil erläutert.
Sie hatte aber auch deutlich gemacht, dass die Hochschule Ruhe brauche. "Wir tun gut daran, diesen Weg nicht weiter zu behindern", sagte Grünen-Obmann Thomas Hentschel. Er forderte, den U-Ausschuss zu beenden.Zumal auch durch die Befragung der Kommissionsmitglieder deutlich geworden sei, dass in dem Kommissionsbericht 100 Prozent Kommission und Null Prozent Wissenschaftsministerium steckten. Marion Gentges (CDU) sagte, dass die Kommission strukturiert gearbeitet hätte.
FDP-Obmann Nico Weinmann hingegen regte an, die Ermittlungsbeauftragte im öffentlichen Teil des Ausschusses zu befragen.Ziel sei, die gute Entwicklung so auch öffentlich zu machen. Die Opposition hatte jedoch, wie aus den Stellungnahmen deutlich wurde, den Eindruck, dass von der Kommission eine Fortführung der Hochschule unter Leitung der Rektorin nicht ernsthaft erwogen worden sei. "Stöckle konnte kein rechtlich fehlerhaftes Verhalten nachgesagt werden", sagte Weinmann. Auch Rainer Podeswa (AfD) kam zu dem Schluss, dass die Kommissionsmitglieder sich schon vor Beginn der Gespräche auf eine Lösung ohne die Rektorin an der Hochschule fokussiert hätten. Sascha Binder (SPD) zeigte sich mit dem Ermittlungsbericht nicht zufrieden. Zur Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Ministerium hätte in dem Bericht lediglich ein Satz gestanden.
Kurtz sagte mit Blick auf den weiteren Verlauf des Untersuchungsausschusses, dass man damit rechne, dass die Zeugenvernehmungen im Frühjahr abgeschlossen werden könnten.