Stuttgart. Die Landesregierung soll nach einstimmigem Beschluss des Landtags mittels einer Bundesrats-Initiative darauf hinwirken, dass Landwirtschaftsbetriebe eine steuerfreie betriebliche Risikoausgleichsrücklage bilden können. Diesem Antrag der FDP-Fraktion stimmten die Abgeordneten aller Fraktionen im Anschluss an eine Aussprache über den aktuellen Zustand der baden-württembergischen Milchwirtschaft zu.
Landwirtschaftliche Betriebe seien nicht nur unkalkulierbaren Witterungsereignissen ausgesetzt, sondern auch einer stark veränderlichen Nachfrage. Diese wirtschaftlichen Risiken seien kaum vorhersehbar und durch betriebliches Handeln praktisch nicht abzuwehren, heißt es in dem entsprechenden Antrag der FDP-Fraktion. Die Möglichkeit einer steuerfreien betrieblichen Risikoausgleichsrücklage würde den Landwirten als Hilfe zur Selbsthilfe dienen und ihnen ein nachhaltiges Wirtschaften ermöglichen.
Unabhängig davon ist die Milchwirtschaft in Baden-Württemberg trotz großer Strukturveränderungen in den vergangenen Jahren gesund und leistungsstark. Zwar ist die Zahl der milchproduzierenden Betriebe in der letzten Dekade um 41 Prozent und die Zahl der Tiere um 15 Prozent gesunken, die Menge der produzierten Milch aber dennoch praktisch unverändert geblieben. 2012 wurden 2,18 Millionen Tonnen Milch aus Baden-Württemberg an die Molkereien geliefert. Der strukturelle Wandel in den Milchbetrieben hin zu modernen tiergerechten und arbeitseffizienten Haltungsformen, zu technischem Fortschritt und den damit verbundenen Management- und Kostenvorteilen wird sich zudem weiter fortsetzen. Dies geht aus einem auf Antrag der SPD-Fraktion erstellten umfassenden Bericht des Landwirtschaftsministeriums hervor, über den der Landtag debattierte.
Abgeordnete aller Landtagsparteien sowie Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) bezeichneten die milchproduzierenden Betriebe als wichtigen Wirtschaftszweig in Baden-Württemberg, der große Herausforderungen gemeistert habe. Thomas Reusch-Frey (SPD) betonte die gute Versorgungslage im Land und die Anstrengungen, die in den Betrieben geleistet wurden, um tierfreundlicher und gleichzeitig zukunftsfähiger zu werden. „Gute Betriebe sind gewachsen“, sagte Reusch-Frey. „Mit 35 Kühen haben wir durchschnittlich elf Kühe mehr im Stall als noch vor zehn Jahren. Aber wir sind weit weg von Massentierhaltung, wir haben ein deutliches Plus an Tiergesundheit.“ Auch Karl Rombach (CDU) sagt der Milchwirtschaft die künftige Unterstützung seiner Fraktion zu. „Die Zukunftsfähigkeit der Milchwirtschaft darf an der technischen Entwicklung nicht haltmachen“, sagte er.
Martin Hahn (Grüne) erinnerte daran, dass die gestiegene Milchproduktion auch zu höheren Belastungen der Kühe geführt habe. „Es gibt auch Probleme, die müssen angesprochen werden“, sagte Hahn. „Unsere Kühe schaffen es nur noch auf vier bis 4,5 Jahre – das muss uns zu denken geben.“ Auch, dass die Milchkühe aus gesundheitlichen Gründen im Schnitt nur noch 1,8 Kälber zur Welt bringen könnten, sei ein Problem, das auf die hohe Milchleistung der Kühe zurückzuführen sei. „Unsere Kühe sind Hochleistungssportler“, sagte er. Die moderne Form von Milchbetrieben habe auch das Problem, dass man mehrere Generationen brauche, um einen Betrieb zu bewirtschaften.
„Wir können stolz sein auf die Leistung unserer Milchbauern“, sagte auch Friedrich Bullinger (FDP), und lobte ebenso die baden-württembergischen Molkereibetriebe, die in erheblichem Wettbewerb stehen und ebenso einen Strukturwandel zu bewältigen hatten.
Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) versprach, auch künftig für Fördermaßnahmen und Investitionshilfen für Milchbauern zu sorgen. „Es ist uns gelungen, empfindliche Kürzungen der EU-Agrarförderungen zu verhindern. Wir werden die Bauern auch weiter unterstütze und Gründlandmaßnahmen fördern“, sagte Bonde, der für die Zukunft Impulse und Unterstützung für Investitionen im ländlichen Raum zusagte, um die Betriebe im Wettbewerb zu stärken und finanziell stabil zu halten.