Stuttgart. Nach der Debatte um Fahrverbote und Laufreinhaltung nutzte die Landtags-CDU auch die Zwischenbilanz zum E-Wärme-Gesetz, um sich vom Koalitionspartner abzusetzen. „Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode gegen die Erweiterung des Gesetzes gestimmt“, erinnerte August Schuler und zitierte seinen Kollegen Paul Nemeth: „Zu bürokratisch, zu kompliziert, schwer zu kontrollieren.“
Und die mit den Grünen im Koalitionsvertrag vereinbarte Evaluation habe „die Befürchtungen der CDU zum Teil leider bestätigt“, so Schuler. Die Analysen ergäben ein ernüchterndes Bild, denn der Vollzug sei derzeit nicht ausreichend sichergestellt. Vor allem weil „in den Kommunen oder Behörden sind fehlende personelle Kapazitäten und teilweise auch fehlende – insbesondere technische – Fachkenntnisse der verantwortlichen Sachbearbeiter“.
Schuler fand allerdings auch Lob, und zwar für das von Ex-Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) auch gegen den Widerstand in der eigenen Partei auf den Weg gebrachte bundesweit erste Erneuerbare-Wärme-Gesetz. Damit habe seine Fraktion Standards für eine moderne und praktikable Klimaschutzpolitik gesetzt, lobte der Ravensburger Abgeordnete. Jutta Niemann (Grüne) und vor allem Umweltstaatssekretär Andre Baumann mochten nicht nachvollziehen, warum dies nicht auch für die Fortschreibung gelten soll.
Die in der Evaluation gelieferte Datenlage sei „nicht ganz einfach“, räumte Niemann ein. Dennoch habe das Gesetz entgegen manchen Befürchtungen keinen Sanierungsstau bewirkt. „Die Hälfte des Energieverbrauchs und ein großer Teil der CO2-Emissionen entfällt auf die Wärmeversorgung“, führte die Diplom-Physikerin aus. Deshalb sei das Gesetz in der vergangenen Legislaturperiode unter Grün-Rot fortgeschrieben worden. Vor allem die Ausweitung auf die Nichtwohngebäude habe sich als sinnvoll erwiesen, denn dort werde ein maßgeblicher Teil des CO2 eingespart.
Baumann rechnete vor, dass Baden-Württemberg seit 2010, und damit noch unter Verantwortung von Gönner, bis zum Jahr 2016 seinen Anteil an erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch im Bereich Wärme von 13,2 auf 16 Prozent gesteigert habe. Das ist deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt. „Wenn man den Evaluationsbericht anschaut, sieht man, dass seit Inkrafttreten des Gesetzes 2010 bis 2017 zur Vermeidung von CO2-Treibhausgasen bis zu 600.000 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart wurden“, so Baumann weiter. Und auf den ironischen Zwischenruf des AfD-Abgeordneten Anton Baron „Wahnsinn“ stimmte er zu: Ja, das sei Wahnsinn, denn es entspreche ungefähr der Emission eines Braunkohlekraftwerks in einem ganzen Betriebsjahr.
Auch die FDP-Fraktion hält trotzdem nicht viel von den Vorgaben. „Jetzt haben wir einen Evaluierungsbericht, der eine halbe Million Euro an Steuergeldern gekostet hat und mit dem nicht nachzuweisen ist, dass dieses Gesetz einen Wert hat“, so Andreas Glück. Da müsse sich die Landesregierung „ein klein bisschen so fühlen, wie Goethe es beschrieben hat: ‚Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor‘, und zudem auch noch eine halbe Million Euro ärmer“. Die FDP sei vom positiven Effekt dieses Gesetzes nicht überzeugt und bleibe deshalb bei der Auffassung, dass das E-Wärme-Gesetz abgeschafft werden müsse – „es schadet mehr, als es hilft“.
Eine Kritik, in die Gernot Gruber (SPD) nicht einstimmen mochte. Eine abschließende Bewertung sei schwierig, positiv sei: „Wir sparen zusätzlich CO2 ein.“ Negativ dagegen, dass das Land beim Heizungsaustausch inzwischen unter dem Bundesschnitt liege. Für die AfD rügte Klaus-Günther Voigtmann, dass die Einsparungen, die bei 100.000 oder 150.000 Tonnen CO2-Äquivalenz lägen, wie es im „Evaluationsbericht des famosen E-Wärme-Gesetzes wohlwollend“ heiße, „wie eine Monstranz vor sich hergetragen werde“. Voigtmann sieht enorme Einspar- und Effizienzsteigerungspotenziale auf dem Wärmesektor. Dazu müssten endlich Daten erhoben werden, „auf deren Grundlage es sich vernünftig planen lässt, kurzum: Tun Sie endlich Ihre Arbeit – oder schaffen Sie dieses Gesetz ab“.
Baumann kann sich die Rücknahme schon allein deshalb nicht vorstellen, weil es im Bereich der Gebäudeenergie keine bundeseinheitliche Regelungen gebe, und „solange die nicht da sind, werden wir im Land selbst mit dem E-Wärme-Gesetz für Klimaschutz sorgen“. Das sei ist ein Erfolg und könne im Vollzug noch besser: „Daran arbeiten wir.“