CDU, FDP und AfD wenden sich gegen "Wolfsromantik"

09.11.2017 
Redaktion
 

Stuttgart. Grüne und CDU sind, nicht im Vorgehen, aber inhaltlich, weiter nicht einig im Umgang mit dem Wolf und einer möglicherweise auch in Baden-Württemberg anwachsenden Wolfspopulation. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) plädierte am Donnerstag in einer von der FDP beantragten Debatte zum Thema „Peter und der Wolf – hievt Minister Hauk Canis lupus 2018 ins Jagd- und Wildtiermanagementgesetz“ dafür, die Augen vor den Risiken nicht zu verschließen. Zum verlangten Artenschutz gehöre es auch, Kühe oder Schafe auf den Wiesen zu schützen. Flächen würden nicht mehr beweidet, wenn Tiere durch den Wolf bedroht sind, sagte Hauk. Allerdings will der Minister die Ergebnisse einer Evaluation des Jagd- und Wildtiermanagements im kommenden Jahr abwarten. Grundsätzlich sei ein einzelnes Tier kein „Riesenproblem“. Ein Problem werde es aber im dichtbesiedelten Baden-Württemberg. „Ich sage ganz offen, es handelt sich um eine Abwägungsfrage“, erklärte Hauk, der sich im Vorfeld der Debatte mehrfach für schärfere Regelungen ausgesprochen hatte.

An seiner Seite weiß Hauk neben der eigenen Fraktion FDP und AfD, während Grüne und SPD bisher gegen ein Ende der ganzjährigen Schonzeit sind, wie sie etwa auch für den Luchs gilt. 

Grüne weisen auf funktionierende Koexistenz in vielen Ländern Europas hin

Andreas Glück (FDP) sprach sich für sichere rechtliche Strukturen aus, bevor es zu Problemen mit Wölfen kommt. Er wolle keine Ängste schüren, sagte Glücj, andererseits dürften die Verantwortlichen aber auch nicht die Augen vor der Realität verschließen. Eines sei sicher: "Der Wolf ist schneller als die deutsche Bürokratie.“ Sein Fraktionskollege Friedrich Bullinger forderte ein Ende der "Wolfsromantik". Seine Fraktion teile die Sorgen der Bauern oder der Waldbesitzer. Außerdem gebe es keine artgerechte Landschaft bei elf Millionen Einwohnern und sieben Millionen Fahrzeugen. Deshalb glaube er nicht an eine „Koexistenz mit dem Wolf in Baden-Württemberg“.

„Die Koexistenz ist aber doch in ganz Europa Realität“, widersprach Markus Rösler (Grüne). Und sein Freiburger Kollege Reinhold Pix versucht der Einordnung "als böser Wolf entschieden entgegenzutreten“. Er sei kein Märchen- und kein Kuschel-, sondern ein Wildtier. Und es stelle sich die zentrale Frage, wie Wölfe in die heimische Kulturlandschaft eingegliedert werden können, um „sowohl dem Naturschutz als auch der Landschaftsnutzung gerecht zu werden“. Pix, selber Jäger, warnte vor einer übereilten Aufnahme ins Jagdrecht.

CDU warnt vor "Wolfsverklärung", AfD ist für Bejagung

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzend Gabi Rolland verlangte, sich an den „sachlichen und fachlichen Fakten“ zu orientieren. Die Ausbreitungsdynamik überrasche. Und natürlich sei „der Wolf ein Räuber“. Die Rückkehr sei „ein Erfolg für die Artenvielfalt“, „eine gewisse Hoffnung“ und „ein Lakmustest“ für die Wichtigkeit der Biodiversität im Land. Auch Rolland sprach sich für einen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen aus und forderte die Regierungspräsidenten auf, klar zu machen, dass Wölfe unter bestimmten Voraussetzungen auch jetzt schon abgeschossen werden können. Grundsätzlich sei aber angebracht, dass „der Minister das Schießgewehr im Schrank lässt“.

Manuel Hagel (CDU) sprach von „höchst erstaunlichen Reaktionen“ auf die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland. Der CDU-Generalsekretär sprach von einer „Wolfsverklärung“, etwa durch den BUND oder den Nabu, der den Wolf sogar willkommen heiße. Gebetsmühlenhaft werde erklärt, dass es sich „um ein missverstandenes Tier“ handele, um einen etwas größeren Hund, der „mit Welfenblick um eine Ansiedlung in Baden-Württemberg bettelt“. Die Folgen seiner Rückkehr seien „klug und ideologiefrei abzuwägen“. Und er berief sich – wie auch Glück – auf eine Expertenanhörung Mitte Oktober im Landtag, in der die Realität, zum Beispiel in Brandenburg, beschrieben worden sei. Der Wolf „mag per se keine Gefahr für den Menschen sein, aber hört man Wolfsgeheul aus dem Wald, wird nicht nur die Mutter mit Kinderwagen den Wald meiden“. Der CDU gehe es um einen fairen Ausgleich zwischen dem Schutz von Verfassungsgütern und dem Naturschutz, deshalb müssten „problematische Wölfe der Natur entnommen werden“.

Auch die AfD ist dafür, den Wolf „zu bejagen“ wie etwa in Schweden, in Finnland oder Norwegen, wo die Nutztierhaltung vorgehe. Für seine Fraktion stehe fest, so Thomas Palka, dass die Rückkehr des Wolfs nach Baden-Württemberg nicht unreguliert geschehen könne: „Das sollten auch die Grünen zur Kenntnis nehmen, statt ‚Grimms‘ Märchen‘ zu erzählen.“ In Sachsen sei es jetzt schon schwierig, „einen Kinderwagen auf dem Balkon stehen zu lassen“.

Der frühere Nabu-Landesvorsitzende André Baumann, der seit Frühjahr 2016 Staatssekretär im Umweltministerium ist, forderte ebenfalls zu sachlicher Behandlung des Themas auf. Die Regelungen des  Naturschutzrechts für die Entnahme von einzelnen Wölfen seien  ausreichend, allerdings im Sinne einer Problemlösung und nicht einer  Bestandsregulierung. In einem aktuellen Handlungsleitfaden würden alle  Details erläutert, etwa dass auch ein Wolf „entnommen werden kann, der immer wieder Nutztiere reißt“. Gerade die Weidetierhalte „unterliegen einem politischen Schutz“, weil Baden-Württemberg „das Wacholderheidenland ist“. Es müsse aber „zu den Fakten zurückgekehrt werden“. Rolland sprang Baumann ausdrücklich bei, denn das Naturschutzgesetz eröffne diese Möglichkeit. „Sie müssen endlich  aufhören“, so die Sozialdemokratin an die Adresse von CDU und FDP,  „das Naturschutzgesetz gegen das Jagdrecht auszuspielen.“


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