Wolf: Europa muss sein Schicksal in die Hand nehmen

31.05.2017 
Redaktion
 

Stuttgart. Europa muss nach Ansicht von Guido Wolf (CDU) sein Schicksal in die eigene Hand nehmen. Ähnlich wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die am Wochenende die Verlässlichkeit der Amerikaner bezweifelt hat, sieht der Europaminister darin „eine Herausforderung, aber auch Chance in dieser schwierigen Zeit“, wie er am Mittwoch in der Debatte im Landtag zu aktuellen europapolitischen Themen sagte. Wolf machte sich für freien Handel und wirtschaftliche Partnerschaft stark: „Wir in Europa, in Deutschland und in Baden-Württemberg gehören zu den Gewinnern des Freihandels.“ Gerade der Südwesten als Exportregion müsse ein Zeichen gegen den Isolationismus der USA setzen.

Der Minister äußerte den Wunsch, dass das Handelsabkommen Ceta mit Kanada „endlich vom Bundestag verabschiedet“ wird. Dies würde auch den USA zeigen, wie faire Handelsbeziehungen gestaltet werden könnten. „Europa muss wieder spüren, dass es selbst Verantwortung in allen Feldern übernehmen und von der Reflexion wieder in die Aktion kommen muss“, konstatierte Wolf.

Im Hinblick auf die Entwicklung in der Türkei forderte er, dass Europa „mehr Kante“ zeigt, wenn es um die Wahrung europäischer Werte gehe. Wenn der türkische Präsident die Einführung der Todesstrafe ankündige, habe dieses Land „mit der europäischen Werteordnung nichts mehr zu tun“

In Sachen Brexit erwartet der Minister von der Bundesregierung, die Länder an den Verhandlungen zu beteiligen. Die berechtigten Interessen und Belange der Bundesländer dürften „nicht ausgeblendet“ werden; auch dies habe mit funktionierenden föderalen Strukturen zu tun.

Frieden, Freiheit und Wohlstand als Errungenschaften der europäischen Einigung

Auch im eigenen Land gebe es „noch viel zu tun“. Den Menschen müssten die Errungenschaften der europäischen Einigung verdeutlicht werden: Frieden, Freiheit und Wohlstand, aber auch offene Grenzen, kommunale Partnerschaften und Austauschprogramm für Schüler und Studenten.

Sylvia Felder (CDU) bezeichnete Europa als Wertegemeinschaft; daher sei es „schmerzlich zu sehen, dass die Briten nicht mehr Teil dieser EU sein wollen“. Der Austritt werde Europa verändern und vermutlich schwächen. „Aber die Menschen auf der Insel werden sehen, dass ein gemeinsames Ganzes mehr ist als singuläre nationale Alleingänge“, prognostizierte sie.

Für die Grünen betonte Josef Frey, die Gestaltung der Werte- und Wirtschaftsgemeinschaft sei Angelegenheit aller Bürger und dürfe nicht nur den Eliten überlassen werden. Baden-Württemberg bringe die Zusammenarbeit entlang der Grenzen zu den Nachbarländern „viele wichtige Erfahrungen für die europäische Integration“, stellte er fest. Dort würden frühzeitig Hemmnisse der Kooperationsmöglichkeiten durch nationale Grenzen wahrgenommen und beseitigt sowie nationale Grenzen in den Köpfen abgebaut.

Die AfD äußerte dagegen Europa-Pessimismus. In der „abstrusen EU-Bürokraten-Traumwelt“ gehe es um Zentralismus, Einmischung und Macht sowie „Zwangsgleichmachung der EU-Mitgliedsstaaten“, sagte Heiner Merz (AfD). Die Umverteilungspolitik der EU entlaste keinen Staat spürbar und belaste vor allem Deutschland. Auch die angekündigten Bürgerdialoge sieht Merz kritisch. Diese seien weder ergebnisoffen noch bindend.

Baden-Württemberg müsse ein Interesse an einer gemeinsamen europäischen Außen- und Verteidigungspolitik haben, sagte Peter Hofelich (SPD). Denn das Land sei heute „das soziale und ökonomische Labor im Herzen Europas“. Er sehe aber nicht, dass die Landesregierung dazu die Kraft, die Fantasie und die Einigkeit besitze. Die SPD erwarte konkrete Ansagen im Landeshaushalt 2018/19 sowie ein Konzept, wie der Südwesten mit dem Mittelstand und Handwerk spezielle Beiträge für Afrika leisten kann. Auch der Amerika-Dialog müsse „weiterhin eine gute Kultur haben“.

FDP hofft, dass Trump-Besuch „ein Weckruf für die EU war"

„Das Gewicht Europas nimmt in dem Maß ab, wie andere Teile der Welt wachsen“, urteilte Gerhard Aden (FDP). Er äußerte die Hoffnung, dass der Auftritt von US-Präsident Donald Trump in Brüssel und auf Sizilien „ein Weckruf für die EU war“. Europa brauche eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. „Außerdem müssen wir auf jeden Fall dafür sorgen, dass die EU nicht als ein deutsches Projekt zur Hegemonisierung Europas gesehen wird“, sagte der Liberale. Aden sieht die EU „in aller erster Linie“ als Friedensprojekt.


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