Kretschmann will Geld aus Digitalpakt mittels Staatsvertrag

30.01.2019 
Redaktion
 

Stuttgart. Die Schulen brauchen rasch das Geld aus dem geplanten Digitalpakt. Darüber besteht im Landtag Einigkeit. Die Regierungsfraktionen sowie die AfD wollen dafür aber weiterhin nicht das Grundgesetz ändern: Das wäre ein Ausverkauf des Förderalismus. SPD und FDP kritisieren dies als Prinzipienreiterei.

„Ein schnelles Umsetzen des Digitalpakts ohne Änderung des Grundgesetzes“, das strebt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) im Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern an. Zu den Verhandlungen darüber brach er direkt nach der Landtagsdebatte am Mittwoch nach Berlin auf. Der Bundestag hat bereits eine Grundgesetzänderung verabschiedet, die Milliardenhilfen für die Digitalisierung von Schulen ermöglicht. Binnen fünf Jahren sollen fünf Milliarden vom Bund dafür fließen. Allerdings müssten die Länder dies zur Hälfte ko-finanzieren. Die Länder haben dies im Bundesrat, unter Führung Baden-Württembergs, einhellig abgelehnt. Nun verhandeln Bund und Länder über einen möglichen Kompromiss.

Kretschmann bezeichnete das Verknüpfen von Grundgesetzänderung und Digitalpakt „als „plumpen Erpressungsversuch auf dem Rücken von Schülerinnen und Schülern“. Mit der Grundgesetzänderung  werde dauerhaft in einen Kernbereich der Länder, deren Bildungshoheit,  eingegriffen. Wenn der Bund im Rahmen des Digitalpakts den Ländern Geld geben wolle, könne man einfach die Länderanteile an der Umsatzsteuer erhöhen.  Heruntergebrochen auf Baden-Württemberg, bedeute der Digitalpakt rund 130 Millionen Euro pro Jahr vom Bund. Bei eigenen Bildungsausgaben des Landes von 17 Milliarden jährlich bewege sich das „im Promillebereich“. Das rechtfertige nicht „den gewaltigen Eingriff des Bundes in die föderale Ordnung“.

Geld muss schnell in die Schulen fließen, so Stoch - egal wie

Andreas Stoch, der Vorsitzende der SPD-Fraktion kritisierte Kretschmanns „Untergangsszenarien für die Eigenstaatlichkeit der Länder“. Im Mittelpunkt der Debatte solle stehen, was die Bürger erwarten: ein funktionierendes Bildungssystem. „Nur darum geht es.“

Baden-Württemberg habe bei der Digitalisierung im Bildungsbereich „dringenden Nachholbedarf“. Denn Grün-Schwarz habe da nichts auf die Reihe gebracht, sondern etwa mit der Bildungsplattform Ella viel Geld in den Sand gesetzt.   Daher sei es egal, über welchen Weg Geld für den Digitalpakt fließt. „Nur fließen muss es. Eben das aber verhindere der Ministerpräsident. „Sie sitzen im Bremserhäuschen, in Baden-Württemberg und in Deutschland, Herr Kretschmann.“

Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke (FDP) kritisierte Kretschmann scharf. „Sie suchen „nach einem Weg, um ohne Vorgaben an Geld des Bundes heranzukommen“. Mit seinen Vorwürfen habe dieser zudem vor Beginn des Vermittlungssausschusses von Bund und Ländern „das Verhandlungsklima vergiftet“. Zudem vermisste Rülke klare Vorschläge dafür, wie ein Staatsvertrag zum Digitalpakt, den der Ministerpräsident anstelle der Grundgesetzänderung offenbar als Lösung im Vermittlungssausschuss anstrebe, inhaltlich aussehen solle. Ohne Zweckbindung der Gelder, also auch Kontrolle durch den Bund sei ein solcher ja nicht zu haben. Dann aber sei der Unterschied zu der ursprünglichen Lösung, der der Bundestag bereits zugestimmt hatte, nicht so groß.

Die Verhandlungen würden zudem schwierig für Kretschmann, prognostizierte Rülke. Denn den anderen Ministerpräsidenten gehe es gar nicht grundsätzlich um das Kooperationsverbot, „denen geht es nur um die Ko-Finanzierung“.

CDU sieht Recht und Rang der Länder durch Verfassungsänderung bedroht

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz zeigte sich verwundert über die Angriffe aus der Opposition auf den Ministerpräsidenten, obwohl dieser sich für Interessen der Landtagsabgeordneten einsetze. Denn die Grundgesetzänderung sei „ein klarer Eingriff in unsere Rechte als Parlament, das müssen wir ablehnen“.

Mit CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart stellte sich die andere Regierungsfraktion ebenfalls hinter Kretschmann: „Wir wollen keine weitere schleichende Verlagerung der Kompetenzen.“ Eine Grundgesetzänderung „betrifft Recht, Rang und Rolle unserer Länder in der Bundesrepublik.“ Reinhart prognostizierte aber schwierige Verhandlungen: „Es ist zu erwarten, dass sich einige Bundesländer im Vermittlungsausschuss herausbrechen lassen.“

Auch der Vorsitzende der größten Oppostionsfraktion, Bernd Gögel (AfD), lobte, dass die Landesregierung „Bildungshoheit und Eigenständigkeit der Länder verteidigt“ und vor der Abstimmung über die vom Bundestag schon beschlossene Grundgesetzänderung im Bundesrat „sogar in diesem Punkt andere Länder zur Besinnung gebracht hat“. Der Digitalpakt sei auch ohne diese möglich.


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