Stuttgart. Die AfD warb am Donnerstag im Landtag für ihren Gesetzentwurf zur Einführung der Doppik in der Landesverwaltung. Alle anderen Fraktionen wollen diesen aber ablehnen. Zunächst wird der Antrag in den Finanzausschuss verwiesen.
Rainer Podeswa (AfD) pries am Donnerstag im Landtag die Vorteil der Doppik, also der doppelten Buchführung. Diese solle baldmöglichst auch in der Landesverwaltung eingeführt werden. Die Vorzüge der doppelten Buchführung seien schon lange bekannt und durch das Handelsgesetzbuch Unternehmen in Deutschland seit mehr als 100 Jahren vorgeschrieben. Zudem habe die Landesregierung 2009 allen Kommunen vorgeschrieben, ihre Haushalte von der Kameralistik auf Doppik umzustellen. Daher sei es „umso erstaunlicher, dass sich die Landesregierung bisher noch nicht zu einem verbindlichen Termin zur Einführung der doppelten Buchführung in der Finanzverwaltung des Landes Baden-Württemberg entschließen konnte“, sagte Podeswa. Mit ihrem Gesetzentwurf wolle die AfD das nun ändern. Zu einer modernen Finanzverwaltung gehöre unbedingt auch die doppelte Buchführung.
Markus Rösler (Grüne) wies auf die hohen Kosten hin, die eine Umstellung auf die Doppik mit sich bringe. Die AfD spreche selbst in ihrem Gesetzentwurf von einem mindestens dreistelligen Millionenbereich und ihre Gegenfinanzierungsvorschläge seien unseriös.
Der Wunsch nach mehr Transparenz sei auch mit weniger Steuergeld realisierbar – durch die Vermögensrechnung des Landes. Diese hätten Finanzministerin Edith Sitzmann und Staatssekretärin Gisela Splett 2018 (beide Grüne) „erstmals überhaupt in der Geschichte des Landes eingebracht“. Die Schulden des Landes würden dadurch ermittelt und umfassend dargestellt. Auch Veränderungen bei Vermögen und Schulden würden jährlich bilanziert, also Entwicklungen deutlich. Ferner gebe es zur Zeit im Land ein Projekt für ein neues Haushaltsmanagementsystem auf SAP-Basis, das zwar auf Kameralistik basiere, aber doppische Elemente enthalte und weitere aufzunehmen erlaube.
Schließlich sei eine völlige Umstellung auf Doppik zum jetzigen Zeitpunkt wenig sinnvoll. Denn die EU bringe einen Standard auf den Weg, der vermutlich bald zu einer EU-weiten Vereinheitlichung der Haushaltsrechnungsstandards führen werde. Daher lehne die grüne Fraktion den AfD-Gesetzentwurf ab.
Das werde auch die CDU-Fraktion tun, erklärte deren finanzpolitischer Sprecher Tobias Wald. Mit der Vermögensrechnung bekämen Verwaltung und Politik ein zusätzliches Instrument, um künftige Entscheidungen noch stärker am Ressourcenverbrauch auszurichten. „Die jetzige Vermögensrechnung bildet zugleich eine wichtige und elementare Grundlage für eine spätere Einführung der Doppik im Landeshaushalt“, sagte Wald. Diese sei das klare Ziel der CDU - aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt.
Rainer Stickelberger (SPD) wies darauf hin, dass die „Vorbildfunktion des Landes“ in der Tat eine rasche Einführung der Doppik auch in der Landesverwaltung gebiete, zumal viele Kommunen dies schon geleistet hätten und bis 2020 alle dazu verpflichtet seien. Aber dies müsse gründlich vorbereitet werden und im Zusammenhang mit der Schuldenbremse geschehen. „Deswegen können wir als SPD in diesem Stadium dem Gesetzentwurf nicht zustimmen – so nicht und jetzt nicht“.
Daniel Karrais (FDP) zufolge hat die Doppik einige Vorzüge, „vor allem, wenn es darum geht, transparentere Haushalte zu schaffen und eine realistischere Bewertung des Staatswesens zu ermöglichen“. Allerdings sei der Vergleich mit dem Handelsgesetzbuch und Unternehmen unangebracht. Diese streben nach Gewinnmaximierung. Ein Staat hingegen habe Aufgaben wahrzunehmen und auch in Bereiche zu investieren, in denen es vielleicht finanzielle Verluste gebe. Für Kommunen sei die Doppik sinnvoll; „beim Land sind wir da aber weitaus skeptischer – wenn auch nicht gänzlich verschlossen“, so Karrais.
Die Staatssekretärin im Finanzministerium, Gisela Splett (Grüne), sagte, das Land sei „aktuell mit dem derzeitigen kameralen Rechnungswesen, das um doppische Elemente erweitert wurde, sehr gut aufgestellt“. Entscheidend sei eine „wirtschaftliche, nachhaltige und damit generationengerechte Haushaltsführung – nicht die Form des Rechnungswesens. Mit der Einführung der Vermögensrechnung sei die Transparenz der Entwicklung der Schulden und künftigen Verpflichtungen des Landes einen „ganz entscheidenden Schritt“ vorangekommen. Die Vermögensrechnung habe auch doppische Elemente, berücksichtige dabei aber die Besonderheiten öffentlicher Verwaltung und ergänze sehr gut die „zahlungsorientierte Kameralistik".
In der Vermögensrechnung seien auch Entwicklungen gut ablesbar - beispielsweise die, dass im laufenden Doppelhaushalt erstmals in der Geschichte Baden-Wüttembergs Kreditmarkschulden in erheblichem Umfang getilgt wurden und gleichzeitig das Sondervermögen für zukünftige Versorgungsausgaben vergrößert wurde.
Im Übrigen habe mit Hessen habe bisher nur ein Flächenbundesland auf die Doppik umgestellt. Auch dort erfolge die Planung aber weiterhin nach kameralistischen Grundsätzen. Gegenwärtig gebe es weder eine Notwendigkeit noch sei es der richtige Zeitpunkt für eine Umstellung des Rechnungswesens auf Landesebene.