Stuttgart. Alle anderen Fraktionen lehnen eine Europa-Initiative der AfD ab. Dies wurde an diesem Mittwoch bei der ersten Lesung des von der größten Oppositionsfraktion eingebrachten „Gesetzes zur Stärkung der Mitwirkung des Landtags in EU-Angelegenheiten“ deutlich.
Die AfD will dem Landtag größere Rechte einräumen und die Palette der Themen, über die die Regierung das Parlament informieren muss, erweitern. Unter anderem soll das Parlament die Landesregierung verpflichten können, im Bundesrat in seinem Sinne abzustimmen. Artikel 34a der Landesverfassung solle entsprechend geändert werden. Fraktionsvize Erich Sänze begründete dies mit einer „strukturellen Bevormundung“ durch Europa. Es gehe darum, das Vertrauen der Bürger zu stärken und die Souveränität des Landtags erhalten.
Für Justizminister Guido Wolf (CDU) würde das vorgeschlagene Gesetz zu einer „überbordenden Bürokratie“ führen, weil sich der Landtag dann um Dinge kümmern müsse, die keine Relevanz für das Land hätten. Wolf machte dennoch klar, dass er bei diesem Thema Berührungspunkte mit der AfD sehe. Auch er spreche sich für mehr Subsidiarität aus.
Wolf warf der AfD vor, den Eindruck vermitteln zu wollen, als werde in Brüssel über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden. Dabei gebe es kein Bundesland, in dem das Parlament so sehr in die Europapolitik eingebunden sei wie in Baden-Württemberg.
Peter Hofelich (SPD) warnte davor, die Einflussmöglichkeiten des Landes auf Europa zu „zerregeln“. Verbessert werden müssten jedoch die bestehenden Kontrollmöglichkeiten. Derzeit obliege es der „Selbstherrlichkeit“ der Ressorts, ob sie den Landtag mit bestimmten Themen befasst oder nicht.
„Viel Luft nach oben“ sieht auch Erik Schweickert (FDP), speziell beim Innen- und beim Verkehrsministerium. Das Justizministerium informiere dagegen vorbildlich. Schweickert warf der AfD vor, die Lage verschlimmern zu wollen.
Eine weitere Stärkung der Parlamentsrechte könne dazu führen, dass der Landtag wichtige EU-Projekte blockiert. Schweickert erinnerte an der Nein der Wallonie zum Ceta-Vertrag und warnte vor einer „Wallonie 4.0“.
Josef Frey (Grüne) warf der AfD vor, die Gesetzeslage nicht zu kennen, insbesondere nicht das Begleitgesetz zum Lissabon-Vertrag, das 2011 in Kraft trat. Die Ministerien müssten ihre Unterrichtungspflichten besser einhalten, über eine zentrale Koordinationsstelle werde derzeit diskutiert. „Wir brauchen keine Verfassungsänderung“, die nur mehr Arbeit für die Landtagsverwaltung produziere. Der Gesetzentwurf sei „eine Blamage für die AfD“.
Nach Ansicht von Thomas Deuschle (CDU) betreibt die AfD ein falsches Spiel. In Wirklichkeit gehe es ihr darum, Sand in das Getriebe des Landtags zu bringen. Eine allumfassende Zuständigkeit sei nicht im Interesse des Parlaments. „Wenn es einen Landtag in Deutschland gibt, der sich sich um die Mitwirkung im Bund kümmert, dann ist das der Landtag von Baden-Württemberg“, sagte Deuschle. Er wies darauf hin, dass Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle das baden-württembergische Begleitgesetz ausdrücklich gelobt habe – als Signal gegen den Bedeutungsverlust der Länderparlamente.