STUTTGART. Die AfD-Fraktion ist mit ihrem Vorhaben gescheitert, auf dem Weg aus der Pandemie „essenzielle Wirtschaftsbereiche unter Hygieneauflagen zu öffnen“. Ein entsprechender Antrag wurde mit großer Mehrheit im Landtag abgelehnt.
Der Abstimmung voraus ging ein heftiger Schlagabtausch. „Ja sind wir denn im Irrenhaus?“ fragte für die CDU-Fraktion Winfried Mack, weil die AfD in ihrem Antrag auch verlangt hat, der Landtag solle beschließen, „dass eine qualifizierte Faktenlage eine dauerhafte Öffnung des Einzelhandels und der Gastronomie ermöglicht“. Das sei wirklich die Formulierung, so Mack, aber „wir können doch nicht eine Faktenlage beschließen, sondern wir müssen uns doch an den Fakten orientieren und dann handeln“.
Ruben Rupp, der neue Göppinger AfD-Abgeordnete, hatte zuvor unter anderem „weitere Öffnungen unter angemessenen Hygieneauflagen“ gefordert, „eine klare Positionierung und eine Initiative über den Bundesrat, um die unsägliche, holzschnittartige Bundesnotbremse zu kippen“ oder „ein Ende der überzogenen Corona-Panikmache, die höchst toxisch auf das Konsumklima und die Wirtschaft wirkt“. Außerdem dürfe es nur noch „minimale Corona-Auflagen“ geben, „die verhältnismäßig sowie übersichtlicher, schlanker, transparenter und unbürokratischer ausgestaltet sind als bisher“.
Für die Grünen hielt Tayfun Tok, der ebenfalls neue Abgeordnete aus Bietigheim-Bissingen, dagegen, dass die Koalition doch passend zu den Inzidenzen vorgegangen sei und einen Stufenplan erarbeitet habe. Damit seien die Corona-Maßnahmen auch deutlich vereinfacht und deutlich übersichtlicher. „Wir geben den Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft somit klare Regeln an die Hand“, so Tok, „um sichere Perspektiven für alle Branchen zu eröffnen.“
Boris Weirauch (SPD) warf der AfD vor, davon zu leben, „dass Sie den Menschen suggerieren, sie müssten in Angst leben, in Angst vor einer vermeintlichen Coronadiktatur“. Und weiter: „Ihre Gefolgsleute fabulieren geschichtsvergessen und dabei völlig faktenfrei von Ermächtigungsgesetzen, währenddessen die demokratischen Parteien alles aufbieten, um dieses Land durch die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg zu steuern und das, wie ich finde, angesichts der Herausforderungen, vor die wir uns gestellt sehen, durchaus mit Erfolg im Vergleich zu Ländern, die im Geiste der AfD regiert werden.“ Mit ihren Vorschlägen zur Pandemiebekämpfung, versuche die AfD vergeblich, sich an die Seite der Wirtschaft zu stellen, die aber geschädigt würde, würden die Forderungen umgesetzt.
Niko Reith sprach sich dafür aus, auch zurückzublicken und kritisch zu hinterfragen, „was beim Coronamanagement nicht gut gelaufen ist und was wir daraus lernen können und daraus lernen müssen“. Eine Enquetekommission mit einem entsprechenden Arbeitsauftrag könne „genau das untersuchen, allerdings nicht zum Selbstzweck und nicht erst in einem Jahr“.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) nutzte die Gelegenheit, um wieder fürs Impfen zu werben. Das brauche jetzt einen enormen Schub. „Der Schlüssel, wie wir durch den Herbst kommen, wie viele Beschränkungen notwendig sind, um den Gesundheitsschutz für die gesamte Gesellschaft herzustellen, ist die Quote des Impfens“, so der Minister, „also liegt an uns, auch an Ihnen als Kolleginnen und Kollegen, als Multiplikatoren, als Werberinnen und Werber aufzutreten.“ Dafür bedanke er sich auch bei den demokratischen Fraktionen im Landtag, genauso wie für die Unterstützung: „Nur so können wir aus den wirklich sehr schweren zurückliegenden 16 Monaten lernen und uns auf die nächsten Monate vorbereiten.“