Hoffmeister-Kraut: Land wird eigenen Weg bei Batteriezellenforschung gehen

10.07.2019 
Redaktion
 

Die Batterieforschungsfabrik geht nach Münster. Ulm ging leer aus. Foto: dpa

Stuttgart. Die im Landtag vertretenden Fraktionen und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) haben erneut die Entscheidung von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) kritisiert, Münster und nicht Ulm als Standort für die Batterieforschung auszuwählen.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch bezeichnete in der von seiner Fraktion beantragten aktuellen Debatte „Karliczek bootet Baden-Württemberg aus – die Standortentscheidung zu Batteriezellenforschung muss revidiert werden“ den Zuschlag für Münster als „Skandal“, der zum Himmel stinke. Dies sei enttäuschend, bitter und nicht nachvollziehbar. Sollte sich zeigen, dass die Entscheidung gegen den Rat der Gründungskommission, gegen alle Fakten und Maßstäbe getroffen worden sei, müsse die „überforderte Ministerin Karliczek“ zurücktreten. Auch ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) oder einen Untersuchungsausschuss im Bundestag brachte Stoch ins Spiel.

„Kein Verständnis“ zeigt auch Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut für die Entscheidung. Die Bedingungen seien klar vorgegeben gewesen, Baden-Württemberg habe mit dem Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Ulm und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) „ideale Bedingungen“. In Ulm hätte man „morgen beginnen können“, erklärte die Ministerin.

Baden-Württemberg will eigenen Weg gehen und Geld aus Berlin

Sie kündigte an, Baden-Württemberg werde nun einen „eigenen Weg“ gehen, eine eigene Batteriezellenkapazität aufbauen und damit „Systemkompetenz schaffen“. Dazu wolle das Land allerdings „fresh money“ von der Bundesregierung. „Wir werden liefern“, sagte Hoffmeister-Kraut, denn es gehe um die Zukunft des Standorts und vieler Arbeitsplätze.  In einem Brief an Karliczek habe sie ihre Zweifel am Zuschlag für Münster geäußert - etwa mit Blick auf die Kompetenzen und die Kapazitäten von Münster in der Batterieforschung. Zudem bat sie Karliczek, sich im Bund bei noch laufenden Ausschreibungsverfahren für Baden-Württemberg einzusetzen. „Forschungsexzellenz und industrielle Wertschöpfung in Deutschland lassen sich nur erhalten, wenn wir gemeinsam und an der richtigen Stelle etwas dafür tun“, heißt es in dem Brief vom Dienstag. Ziel müsse es sein, sehr schnell eine konkurrenzfähige industrielle Massenfertigung von Batteriezellen in Deutschland aufzubauen. Durch die Entscheidung pro Münster entgehen dem Südwesten zunächst 500 Millionen Euro.

Auch Andrea Lindlohr (Grüne) bezeichnete die Entscheidung der Bundesforschungsministerin als „fachlich überhaupt nicht nachvollziehbar und daher falsch“. Als Konsequenz werde Baden-Württemberg das Thema Batterie „weiter voranbringen und unsere Exzellenz im Land dafür nutzen“. Das Land habe in seiner Bewerbung für Ulm die geforderten 30 Prozent fachliche Expertise, 30 Prozent Industrie, 20 Prozent Finanzierung und 20 Prozent Zeit / Schnelligkeit klar erfüllt und sei von der Expertenkommission präferiert worden.

Lindlohr warf der SPD Unglaubwürdigkeit vor, sie habe bei ihrer Bundestagsfraktion „nichts erreicht“. Nun nutze man die Exzellenz von Ulm, um die Batterie der nächsten Generation zu erforschen, die grüne Batterie. Für das ZSW und die Grünen zähle die Erforschung von mobiler Speicherung elektrischer Energie zu den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Das ZSW sei hierfür so entscheidend, weil seine Kompetenz die komplette Batteriewertschöpfungskette umfasst; ZSW und Universität seien am Exzellenzcluster POLiS beteiligt, das künftige Batterien erforscht, die mobil, stark, nachhaltig und umweltfreundlich seien. Sie würden auch die neue lithiumfreie, elektrochemische Speichersysteme entwickelt, die Post-Lithium-Batterie.

CDU: Land kann schneller sein als Münster

„Wir geben nicht auf“, sagte Winfried Mack (CDU). Das Land werde sich nicht abhängen lassen, in die Offensive gehen und Baden-Württemberg als Produktionsstandort aufbauen. Die CDU wolle die Batterie als Zukunftstechnologie entwickeln. „Wenn wir uns anstrengen, sind wir schneller als Münster“, konstatierte Mack und forderte, das Land soll sich auf seine „eigenen Stärken verlassen“ und nicht auf Subventionen.

In Baden-Württemberg sei die Verkehrswende mit der Batterie nicht zu machen, urteilte Carola Wolle (AfD). Die Produktion sei hier vor Jahren aufgegeben und nach Asien verlagert worden. Selbst Bosch sei ausgestiegen. Auch sie stellte fest, dass sich Ulm als Standort der Forschung besser geeignet hätte als die fünf Mitbewerber. Wolle sagte, die AfD sei für eine technologieoffene Forschung, weshalb sie auch die Brennstoffzelle ins Gespräch brachte.

FDP: Entscheidung kann Chance sein, dass Land sich breiter aufstellt

Die Entscheidung gegen Ulm ist für Hans-Ulrich Rülke (FDP) der Beweis dafür, dass die Landesregierung „in Berlin nichts zu melden hat“. Kein CDUler sitze am Berliner Kabinettstisch an entscheidender Stelle. „Warum hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht zuvor mit seinen Kollegen Markus Söder (CSU) in Bayern und Stephan Weil (SPD) in Niedersachsen über den Standort gesprochen?“, fragte er.

Es sei mehr als peinlich, dass es der Landesregierung nicht gelinge, das Land im Wettbewerb zum Bundesmittel erfolgreich zu positionieren. Schon das KIT sei bei der Entscheidung, wo das bundesweit einzigartige Internet-Institut angesiedelt werden soll, leer ausgegangen. Auch das Cyber Valley sei als Forschungsleuchtturm nicht zum Zuge gekommen. Rülke plädierte außerdem für Technologieoffenheit und sich nicht einseitig auf E-Mobilität und Batterieforschung zu konzentrieren. Karliczeks Entscheidung sei vielleicht die Chance, den Forschungsstandort Baden-Württemberg breiter aufzustellen.

 

 

 

 

 

  


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