Stuttgart. Der Landtag hat am Donnerstagabend in zweiter Lesung im Rahmen der Haushaltsberatungen auch den Einzelplan 08 des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz verabschiedet. Dieser übertrifft erstmals in der Landesgeschichte das Volumen von einer Milliarde Euro. Im kommenden Jahr umfasst der Etat 1,074 Milliarden Euro, 2021, wenn die EU-Förderperiode ausläuft, dann 1,013 Milliarden Euro.
Minister Peter Hauk (CDU) widersprach der Aussage von Reinhold Pix (Grüne), dass es sich um einen „grünen Haushalt“ handele. Es sei der Haushalt der grün-schwarzen Landesregierung, natürlich „grün geprägt, aber grün von der Farbe des Grases und des Waldes, und nicht grün von der Parteipolitik“ Im Etat stehe ein guter Konsens, der gut sei für die Landwirtschaft, die Waldwirtschaft, den Verbraucherschutz und die Entwicklung der ländlichen Räume.
37 Minuten redete Hauk zum Einzelplan, womit er die übliche Redezeit deutlich überzog und Kritik von Reinhold Gall (SPD) erntete. Dieser warf angesichts wiederholten Überziehens der Redezeit dem Minister ein „hohes Maß an Arroganz“ und Respektlosigkeit gegenüber den Parlamentariern vor. Hauk liefere wiederholt ein „Sammelsurium von Allgemeinwissen und Allgemeinheiten“ ab.
Inhaltlich ging Hauk auf die Bedeutung des Ländlichen Raums, auf Wald und Umweltschutz, sichere und regionale Lebensmittel, auf die Vereinbarkeit von Landwirtschaft mit Natur- und Artenschutz sowie auf Innovationen ein. Das Geheimnis einer guten Wirtschafts- und Strukturpolitik sei die Verbindung zwischen Stadt, Ballungsraum und ländlichem Raum. Die erheblichen Waldschäden durch die trockenen Sommer seien in Baden-Württemberg zwar glimpflicher ausgefallen als im Norden der Republik, dennoch seien sie zum Teil „verheerend“ gewesen. Auch der Borkenkäfer habe Schäden verursacht. Der Wald von morgen werde ganz anders aussehen als heute; klimaresiliente Arten wie Walnuss, Esskastanie, Douglasie, Roteiche oder Hainbuche müssten gepflanzt werden, denn Nadelholz werde hierzulande Probleme bekommen.
Zum Volksbegehren pro Biene sagte Hauk, der Gesetzentwurf der Landesregierung unterscheide sich gravierend vom Verlangen der Initiatoren, denn die Eckpunkte seien nicht an die Landwirte gerichtet, sondern an die Landesregierung. Bei der Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln würden die Bauern unterstützt. Im neuen Haushalt stünden 14 Millionen mehr für das Förderprogramm FAKT zur Verfügung, 7,5 Millionen mehr für Biodiversität, 9 Millionen mehr für den Bioaktionsplan, 4,5 Millionen mehr für die Umsetzung der Düngeverordnung und für Pflanzenschutzmittelreduktion, 2 Millionen mehr für die Fortführung der Regionalkampagne und zudem 10 Millionen im Doppelhaushalt für die Mehrgefahrenversicherung. Auch beim Verbraucherschutz tue sein Ministerium vieles.
Das mit dem Einzelplan vorgesehene Paket stehe wie kein anderes für ein Miteinander von Bienen und Bauern, von Naturschutz und Landwirtschaft, von Verbrauchern und Produzenten, von Politik und Gesellschaft, urteilte Reinhold Pix (Grüne). Bis 2030 sollen 30 bis 40 Prozent der Flächen biologisch bewirtschaftet und 40 bis 50 Prozent weniger chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Das Land stelle 24 Millionen Euro für eine Agrarumweltoffensive, 36 Millionen für die Fortführung des Sonderprogramms „Biologische Vielfalt“, 50 Millionen für Klimaschutz- und Biodiversitätsmaßnahmen und 9 Millionen für die Neuauflage des Ökoaktionsplans bereit.
„Das Schneller, Mehr und Billiger der Discounter ist nicht nur Gift für die Artenvielfalt, sondern auch für unsere Landwirte. Geringe Einkommen, Preisdruck oder schwierige Arbeitsbedingungen haben ein nicht minder dramatisches Höfesterben ausgelöst. Deshalb brauchen wir einen neuen Gesellschaftsvertrag“, sagte Pix. Für den notwendigen Waldumbau gebe es 80 Millionen Euro und 120 neue Stellen.
Für Patrick Rapp (CDU) sind die Land- und Forstwirte nicht nur direkt von Klimawandel und Artenverlust stark betroffen, sondern gleichzeitig die Berufsgruppen, die zur Lösung beitragen können. Die CDU unterstütze den Notfallplan für den Wald mit speziellen Aufforstungsprogrammen. Rapp verwies ferner auf das Hochfahren des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum um 15 Millionen und die 20 Millionen bis 2021, mit denen die Dorfgastronomie, die Gastronomen und das Miteinander in den Gemeinden unterstützt werden sollen.
Jonas Weber (SPD) verwies auf den Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe von 190 000 im Jahr 1970 auf heute nur noch 40 000. Den Landwirten müsse geholfen werden, um den Artenschutz zu verwirklichen. Dies bedeute eine deutliche Reduzierung des Pestizideinsatzes. Von der Landesregierung forderte er die Sanierung der PFC-verunreinigten Böden in Mannheim, Rastatt und in der Ortenau. Nicht nur für den Verbraucherschutz brauche es Kontrollen, sondern auch für den Tierschutz.
Die Landwirte seien angesichts der vielen Anfeindungen in der Zwischenzeit verzweifelt. Sie hätten Angst vor ihrer Zukunft und gingen deshalb auf die Straße, sagte Udo Stein (AfD). Landwirte wollten anständige Preise für ihre Produkte; doch genau diese seien durch die Politik kaputtgemacht worden und die Bauern zu Subventionsempfängern geworden. Die AfD wolle nicht nur einige Großbetriebe in der Landwirtschaft und keine Bevormundung der Bauern.
Traktor-Sternfahrten oder grüne Kreuze auf den Feldern sind für Klaus Hoher (FDP) Zeichen des berechtigten Unmuts und Frustes der Landwirte. „Mit immer mehr Häme und immer mehr neuer Bürokratie treiben wir unsere Landwirte und unsere Kulturlandschaften in den Ruin“, warnte Hoher. Auch die Eckpunkte der Regierung zur Befriedigung des Volksbegehrens seinen von massivem Bürokratieaufbau mit neuen Dokumentations- und Kontrollpflichten geprägt.
Es brauche endlich mehr investive Ansätze im Agrarhaushalt. In der Forst- und Holzpolitik kritisierte er die ideologische Verengung auf Laubholz. Dabei ließen sich die Vorzüge von Nadelholz „einfach nicht wegforschen“. Grün-Schwarz betreibe auch schlechte Verbraucherpolitik. Die Verbraucherzentrale benötige endlich eine berechenbare Finanzierung.