Stuttgart. Eine heftige Debatte über Steuergerechtigkeit und Maßnahmen zur Verfolgung von Steuersündern und die Steuerpläne von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat sich bei einer von der SPD beantragten aktuellen Stunde im Landtag entwickelt. Während die Opposition aus CDU und FDP erneut kritisierte, dass die Landesregierung im Bundesrat das Steuerabkommen mit der Schweiz scheitern ließ, warfen Grüne und SPD den Oppositionsparteien vor, in den zurückliegenden Haushaltsberatungen dem Antrag der grün-roten Regierungsfraktionen zur personellen Stärkung der Steuerverwaltung nicht zugestimmt zu haben.
„Wir sind dankbar, dass die Landesregierung alle Mittel nutzt, um an die Daten von Steuerhinterziehern und an das dem Fiskus zu Unrecht hinterzogene Steuergeld zu kommen, und sich den Zugriff auf die Daten ermöglicht hat“, sagte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Bis August 2012 seien so allein bei Finanzämtern in Baden-Württemberg über 10 000 Selbstanzeigen eingegangen, die insgesamt rund 320 Millionen Euro zusätzlich in die Kassen des Landes gespült hätten. Schmiedel kritisierte zudem, dass unter der CDU/FDP-geführten Landesregierungen zuletzt rund 2000 Stellen in der Steuerverwaltung gestrichen worden seien. „Um das Geld zurückzuholen, braucht es Personal“, so Schmiedel. „Der Zusammenhalt der Gesellschaft wird zerstört, wenn sich die Superreichen und die großen Konzerne ihrer Steuerpflicht entziehen.“
Dem CDU-Abgeordneten Joachim Kößler ging diese Äußerung Schmiedels zu weit. „Tun Sie doch nicht so, als ob wir hier im Land am Hungertuch nagen würden“, sagte Kößler, der mit deutlicher Kritik an den Plänen von SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück zur Einkommens-, Erbschafts- und Vermögenssteuer den Bundestagswahlkampf in die aktuelle Debatte holte. „Diese Pläne gefährden den Mittelstand in Baden-Württemberg“, sagte Kößler.
Auch Muhterem Aras bezeichnete es für die Fraktion der Grünen als „absolut richtig“, dass die grün-rote Landesregierung im Bundesrat dem Steuerabkommen mit der Schweiz nicht zugestimmt habe. Aras forderte nachdrücklich, sich für internationale Abkommen einzusetzen. „Wir haben ein Problem, weil viele Länder Anonymität gewähren. Gegen diese kann nur international vorgegangen werden.“ Als Beispiel nannte Aras das Abkommen, das die USA mit der Schweiz getroffen habe. „Das sollten wir auch auf EU-Ebene hinbekommen.“ Zusätzlich müsse in Baden-Württemberg die Steuerverwaltung gestärkt werden. „Jeder Betriebsprüfer hat im Schnitt ein Plus von 1,5 Millionen Euro in die Landeskasse gebracht“, so Aras und fragte in Richtung Opposition, warum sie die Zustimmung zur verbesserten personellen Ausstattung der Steuerfahnung in den Haushaltsberatungen verweigert hätte. „Wenn wir die Landesregerung darin stärken, für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen, ist das in erster Linie eine Stärkung der Betriebsprüfungen.“
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke bezeichnete es als gemeinsames Ziel, gegen Steueroasen und Steuerflüchtlinge vorzugehen: „Niemand soll mehr Gelegenheit haben, dem baden-württembergischen Fiskus Geld zu entziehen.“ Vorstellungen von gemeinsamen internationalen Plänen zur Verfolgung von Steuerflüchtlingen nannte Rülke aber ein „Wolkenkucksheim“. Konkret gewesen wäre dagegen das Steuerabkommen mit der Schweiz. „Aber hier haben Sie Parteitaktik vor das Interesse des Landes gestellt, weil die Bundesregierung schlecht aussehen sollte“, sagte Rülke Richtung Regierungsbank.
Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) verteidigte das Vorgehen der Landesregierung im Bundesrat. „Es war goldrichtig, das Abkommen scheitern zu lassen“, sagte er. „Die Grundlage des Abkommens war hundsmiserabel, die Garantiezahlungen der Schweiz waren weit weniger, als wir selbst hereingeholt haben“, sagte Schmid. CDU und FDP warf er vor, sich auf die Seite der Steuerhinterzieher geschlagen zu haben, statt sie die volle Härte des Gesetzes spüren zu lassen.
„Steueroasen trocken zu legen schafft man nicht mit schlechten Abkommen, sondern nur mit Härte“, rief Schmid. Um die Steuerverwaltung des Landes zu stärken, habe das Land 500 neue Stellen sowie 500 neue Ausbildungsplätze in diesem Bereich geschaffen. Im Jahr 2012 hätten Steuerfahnder 354 Millionen Euro zusätzlich für die Landeskassen erbracht.
Schmid kündigte zudem an, dass sich das Land für eine veränderte Regel bei den Verjährungsfristen für Steuerhinterziehung einsetzen werde. „Es darf keinen Verjährungsrabatt für Steuersünder geben.“ Schmid sprach sich auch dafür aus, Banken, die Steuersündern systematisch Schlupflöcher anbieten würden, in Haftung zu nehmen und ihre Lizenzen zu überprüfen. Für Baden-Württemberg kündigte Schmid an, dass das Land auch künftig ihm angebotene Daten-CDs kaufen und nutzen werde. Zu FDP-Fraktionschef Rülke sagte Schmid: „Ich verstehe nicht, dass sich die FDP dem Ankauf widersetzt.“