Stuttgart. Nach Ansicht des CDU-Fraktionsvorsitzenden Guido Wolf genügt es nicht, wenn Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, Werte und Rechtsordnung ihres Gastlands akzeptieren. Er regt die Schaffung eines „Integrationsführerscheins“ an, den derjenige erhält, der an Sprachkursen, Staatsbürgerkunde und Integrationsunterricht teilnimmt. „Das fordern wir von denen, die sich aufmachen, in unserem Land zu leben“, sagte der CDU-Spitzenkandidat am Mittwoch im Landtag. Er rät Flüchtlingen zudem, in Vereine einzutreten. Dort könnten sie soziale Kontakte finden.
Mit seiner Sicht stand der Oppositionsführer in der von der CDU beantragten Debatte „Verantwortung übernehmen – Integration fordern“ jedoch weitgehend allein da. Nur FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kann sich vorstellen, unter bestimmten Umständen fehlende Integrationsbereitschaft zu bestrafen – die FDP sei dabei jedoch „zurückhaltender als die CDU“.
Sein Credo lautet: „Diejenigen, die zu uns kommen“, müssten sich ändern“ – „nicht das Land“. Seiner Ansicht nach müsste der Deutschunterricht für jene, die bleiben werden, am ersten Tag beginnen – „damit aus der Flüchtlingskrise keine Integrationskrise wird“.
Sprecher beider Regierungsparteien sprachen sich gegen eine Integrationspflicht aus. Daniel Lede Abal (Grüne) sagte: „Wir wollen keine Sondergesetzgebung für Flüchtlinge.“ Integration lasse sich nicht verordnen. Lede Abal mahnte die Schaffung weiterer Integrationskurse durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) an. Alle Flüchtlinge mit einer guten Bleibeperspektive müssten daran teilnehmen können. Er warf der CDU vor, bei ihrem Bundesparteitag in dieser Woche in Karlsruhe hinter eine im Oktober gemachte Ankündigung zurückzufallen: Eine Verdoppelung der Zahl der Kurse sei nicht genug.
Rosa Grünstein (SPD) nannte die CDU eine „Abschreibepartei“. Sie vertrete in ihrem Leitantrag von Karlsruhe dieselben Positionen wie Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD). Grünstein warf Wolf vor, Forderungen zu stellen, die Innenminister Reinhold Gall (SPD) bereits erfülle, etwa die Abschiebung von Flüchtlingen „Wir wollen nicht nur und sagen, es wäre schön“, skizzierte sie die Position der Sozialdemokraten. „Nein: Wir handeln.“ Ironisch äußerte sich Grünstein zum Integrationsführerschein: Ob denn damit auch die Fähigkeit zum Schuhplatteln oder zum Genuss von zwei Maß Bier gemeint sei?
Öney warf Wolf vor, auf Schlagzeilen aus zu sein und zu vernebeln. Die Teilnahme an Integrationskursen, die Wolf zu Pflicht machen wolle, sei bereits verpflichtend. Werte seien nicht verhandelbar. Man könne sie aber nicht per Unterschrift vermitteln. „Es darf nicht von vornherein mit Sanktionen gedroht werden“, sagte die Ministerin. Integration sei ein langfristiger Prozess, sagte sie und mahnte zur Geduld. Eine Auswertung von 60 Integrationsprojekten durch die Baden-Württemberg-Stiftung habe gezeigt, dass Projekte erfolgreich seien, die auf Partizipation und Dialog setzten.
Eine Antwort blieb Öney schuldig. Zwei Mal wollte Bernhard Lasotta (CDU) von ihr wissen, welche Kosten die Kommunen beim Land abrechnen können, wenn es 2016 erstmals zur Spitzabrechnung kommt. Öney verwies auf eine Landtagsanfrage der CDU, die jedoch – so der Abgeordnete – keine konkrete Antwort auf seine Frage enthalten habe. Nach Ansicht des Christdemokraten benötigen die Kommunen die Information, um für das kommende Jahr planen zu können.