Stuttgart. Was in der vergangenen Legislaturperiode am Widerstand ihres damaligen Koalitionspartners FDP scheiterte, hat die CDU im Landtag nun erneut angeschoben: Eine Änderung des Polizeigesetzes, die Kommunen ermöglichen soll, Saufgelage auf öffentlichen Plätzen und damit einhergehenden Gewalttätigkeiten, besser zu verhindern.
Der, der am Donnerstag als erster der laufende Wahlperiode ins Parlament eingebracht wurde, stammt noch aus dem Innenministerium unter Heribert Rech (CDU).
Mit dem Gesetz sollen örtliche Polizeibehörden ermächtigt werden, den Konsum alkoholischer Getränke an örtlichen Brennpunkten per Verordnung zu verbieten. Das Verbot soll schon für das Mitführen von Alkohol gelten, wenn der dazu bestimmt ist, „öffentlich im Geltungsbereich der Verordnung konsumiert zu werden,“ wie es in der Begründung des Gesetzentwurfes heißt. Die Stadt Freiburg hatte eine solche Verordnung erlassen, die 2009 vom Mannheimer Verwaltungsgerichtshof für unwirksam erklärt worden war, weil dafür die Rechtsgrundlage fehle.
Bei der CDU ist man davon überzeugt, dass die Kommunen dringend auf eine entsprechende Gesetzesänderung warten, um Alkoholexzesse von Jugendlichen und jungen Erwachsenen besser unterbinden zu können. Man müsse auch die Bürger schützen, die von Betrunkenen um ihre Nachtruhe gebracht werden oder sich an bestimmte Plätze nicht mehr trauten, sagte der CDU-Politiker Thomas Blenke. Bei der Unterstützung von kommunaler Seite beruft sich Blenke unter anderem auf die Grünen-Oberbürgermeister Dieter Salomon (Freiburg) und Boris Palmer (Tübingen).
Auch bei der Landtags-SPD fänden die Christdemokraten für ihr Vorhaben durchaus Mitstreiter. Grundsätzliche Sympathie für eine Änderung des Polizeigesetzes hatte die SPD schon in der vergangenen Wahlperiode bekundet. Und die erneuerten sowohl Innenminister Reinhold Gall wie auch Nikolaos Sakellaroiu.
Doch die SPD muss Rücksicht auf den Koalitionspartner Grüne nehmen, der eine Gesetzesänderung als letzten Schritt sieht. Vorher müssten die Präventionsmaßnahmen gestärkt werden, etwa durch den Einsatz von Streetworkern an den Brennpunkten und die Einschränkung des Alkoholverkaufs durch bessere Kontrollen, skizzierte Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) den Fahrplan der Koalition zur Bekämpfung von öffentlichen Alkoholexzessen und Komasaufen. Auch die SPD distanzierte sich vorsichtig vom CDU-Entwurf. „Der geht uns zu weit,“ sagte Sakellariou. Und Gall betonte, dass er zwar nicht wolle, dass öffentliche Plätze zu rechtsfreien Räumen werden, aber auch keine „schwäbische Prohibition“ anstrebe.
Sckerl mahnte zudem eine Gleichbehandlung aller gesellschaftlichen Gruppen an. Wenn auf Volksfesten bis zum Vollrausch getrunken und Schlägereien angezettelt würden, sei das geduldet, bei Jugendlichen jedoch nicht.
Die FDP bleibt bei ihrer Ablehnung. Ex-Justizminister Ulrich Goll bezweifelte, dass sich die CDU aussreichend Gedanken gemacht habe, wie das Verbot durchgesetzt werden könne. Das könne ähnlich wie bei der Videoüberwachung dazu führen, dass Gesetz in der Praxis gar nicht anwendbar sei. Zudem bezweifelt Goll, dass wirklich die Mehrzahl der Kommunen das neue rechtliche Instrument wollen. Im Rems-Murr-Kreis hielten zwei Drittel der Kommunen und auch der Chef der Polizei wenig von der Gesetzesänderung.
Der CDU-Entwurf wurde nach der Debatte in den Innenausschuss verwiesen.