Grün-Schwarz verabschiedet Nachtragshaushalt gegen Stimmen der Opposition

12.12.2018 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. Nach stundenlangen Beratungen hat der Landtag am Mittwoch den von der Landesregierung eingebrachten Nachtragshaushalt verabschiedet.  Grüne und CDU stimmten dem Etat zu. AfD, SPD und FDP votierten gegen den Nachtragsetat. Dieser schreibt den laufenden Doppelhaushalt 2018/19 fort, der nunmehr Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 53,421 Milliarden Euro für 2018 und von 53,455 Milliarden Euro für 2019 umfasst. Der Doppelhaushalt hat nun ein Rekord-Volumen von 106,88 Mrd. Euro.

„Wir haben jetzt einen Haushalt ohne neue Schulden und mit Tilgung in Milliardenhöhe. Unser Nachtrag steht auf einem sicheren und soliden Fundament“, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) in zweiter und dritter Lesung. Gegen die Kritik der Opposition verteidigte sie den Nachtragsetat von Grün-Schwarz: „Wir nutzen die guten Zeiten, um für schlechtere vorzusorgen.“ Mit mehr als 2,5 Milliarden Euro erlebe das Land „die größte Sanierungsoffensive“ in seiner Geschichte. Dennoch bleibt der Südwesten mit 46,3 Milliarden Euro verschuldet.

Baden-Württemberg löse, um die Schuldenbremse 2020 einzuhalten, Kreditermächtigungen von 1,5 Milliarden Euro ab, tilge 400 Millionen Euro Schulden bei der Landesbeteiligung Baden-Württemberg  LBT und zahle 1,25 Milliarden Euro Kreditmarktschulden zurück, berichtete die Finanzministerin. Außerdem würden die Rücklagen für Pensionsverpflichtungen bis 2020 auf 8 Milliarden Euro verdoppelt und eine Milliarde Euro der Rücklage für Haushaltsrisiken zugeführt. „Wir machen den Haushalt wetterfest“, konstatierte Sitzmann.

Mehr Mittel für Mobilität und Luftreinhaltung

Es werde auch gezielt in die Zukunft des Landes investiert; beispielsweise mit Mitteln für Straßen, Radwege, Busse und Bahnen, für Luftreinhaltung und die Wohnraumförderung. Gemeinsam mit den Kommunen werde die Kindergartenförderung bis 2021 auf mehr als eine Milliarde erhöht. In die Digitalisierung der Klassenzimmer würden 150 Millionen Euro investiert, ferner 200 weitere Studienanfängerplätze für Lehrer geschaffen. Fünf Millionen Euro stehen für die Bezahlung von Überstunden bei der Polizei zur Verfügung, die Justiz erhält 131 neue Stellen. Insgesamt enthält der Nachtrag nach Sitzmanns Aussage 631 neue Stellen, von denen 206 gegenfinanziert und mehr als 200 mit einem k.w.-Vermerk versehen sind, was bedeutet, dass sie nach einer bestimmten Zeit wieder entfallen. Von Aufblähung könne keine Rede sein.  

Sitzmann kündigte außerdem an, allen betroffenen Beamten und Richtern die Beträge aus der geringeren Eingangsbesoldung bis einschließlich ins Jahr 2013 zu erstatten. Sie werde den Vorschlag, der alle Betroffenen gleich behandle, zeitnah im Kabinett einbringen. Das Land würde dies mehr als 210 Millionen Euro kosten.

Zuvor hatte der Finanzausschuss 134 Änderungsanträge behandelt. Allein die AfD hatte 46 Anträge eingereicht. Mit Ausnahme der 49 Änderungsanträge der Regierungsfraktionen lehnte der Landtag die Anträge ab. Die AfD bestand bei der Verabschiedung am Mittwoch auch auf zwei namentliche Abstimmungen im Landtag: Sowohl die von der größten Oppositionspartei geforderte Senkung der Grunderwerbsteuer von 5,0 auf 3,5 Prozent wie auch die Erhöhung von Schülerbeförderungskosten wurde von den anderen vier Fraktionen abgelehnt.

Zustimmung der Koalition, Kritik der Opposition

Die finanzpolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen, Thekla Walker (Grüne) und Tobias Wald (CDU), bewerteten den Nachtragsetat ebenfalls positiv. Es werde „zielgerichtet in die Zukunft des Landes investiert“, sagte Walker, die Schuldenuhr laufe erstmals rückwärts. Schwerpunkte des 4,2 Milliarden-Pakets sind laut Walker starke Kommunen, gute Bildung und Kinderbetreuung, Zukunftsvorsorge und Innovationen. Sie forderte den Bund auf, Mittel aus der Umsatzsteuer dem Land zukommen zu lassen, um die Digitalisierung der Schulen zu finanzieren. Als „völlig falsche Priorität“ apostrophierte die Grüne das von der SPD geplante Volksbegehren zu kostenlosen Kita-Plätzen. „Wir gestalten die Zukunft“, sagte Wald und bezog sich damit auf die Tilgung von Kreditmarktschulden, „zum ersten Mal seit 50 Jahren“. Damit sei gemeinsam der Weg in eine generationengerechte, nachhaltige Finanzpolitik geebnet.

Aus der Opposition hagelte es dagegen Kritik. Der „Ausgabenrausch“ der Regierung sei den Bürgern gegenüber „verantwortungslos“, stellte Rainer Podeswa (AfD) fest. Die „Aufblähung des Haushalts“ sei gewollt, denn sie schaffe Haushaltsreste, über die die Regierung am Landtag vorbei verfügen könne. Die „unverantwortliche Personalkostensteigerungen“ durch mehr als 3500 neue Stellen führe bei einer Rezession zur Staatshaushaltskrise. Deshalb lehne die AfD den Nachtrag und die mittelfristige Finanzplanung ab.

Grün-Schwarz setzte auf „Fassade statt Klarheit“, monierte Peter Hofelich (SPD). Es gehe nur noch um „teile und herrsche“. Die Regierungsfraktionen hätten „null Bereitschaft“ gezeigt, über kleine und sinnvolle Anträge der Opposition zu reden, wie die Stützung kleiner Sender über die LFK, ein Programm für Schwimmbäder oder den Verzicht auf konstante Zuschüsse für die Feuerwehren. Die Landesregierung setze falsche Schwerpunkte. Stephen Brauer (FDP) sagte, Grün-Schwarz hoffe offenbar auf einen immerwährenden finanzpolitischen Klimawandel. Deshalb setze die Finanzministerin die „Politik der Spendierhosen“ fort und tilge die Schulden nur homöopathisch. So sei der Haushalt nicht nachhaltig.


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