Stuttgart. Nach Meinung der größeren Regierungsfraktion schreibt die Landesanstalt für Schienenfahrzeuge eine Erfolgsgeschichte. „Stellen Sie sich einmal vor, wir hätten im Regionalverkehr nur die Deutsche Bahn AG als Betreiber“, so Daniel Renkonen (Grüne) in der Landtagsdebatte über den Bericht des Verkehrsministeriums zur Tätigkeit der Einrichtung. Unter anderem werde der Erfolg auf der Gäubahn sichtbar: „Statt in alten Silberlingen aus den Siebzigerjahren rollen die Kunden bequem mit modernen vierteiligen Elektrotriebzügen im neuen Landesdesign durch das Gäu."
Der Kauf dieser 16 Fahrzeuge wäre nach Renkonens Meinung ohne die Finanzierung durch die neue Fahrzeuggesellschaft so nicht möglich gewesen. Insgesamt 300 Elektro- und Dieseltriebwagen gehörten inzwischen dem Land, das sie dann als Anbieter weiter an künftige Marktbewerber verpachtet. Dieses Modell stehe „für günstige Finanzierungskonditionen mit dem Land als verlässlichen Partner, moderne Fahrzeuge, mehr Wettbewerb auf der Schiene und gigantische Steuereinsparungen“.
Eine Einschätzung, der vor allem Jochen Haußmann, der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion vehement widerspricht. Es sei zwar „erfreulich, dass der Wettbewerb auf der Schiene auch durch das sogenannte Baden-Württemberg Modell Fahrt aufgenommen hat“. Auf der anderen Seite dieser Medaille stehe, dass das Land einen Schattenhaushalt in Milliardenhöhe aufbaut. Und jeder wisse, Eigentum verpflichte. Die 300 Fahrzeug stellen einen Wert von rund 1,5 Milliarden Euro dar. Bestellungen im Volumen in Höhe von bis zu 3,5 Milliarden Euro seien vorgesehen.
„Es wurde ein Nebenhaushalt mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen geschaffen“, kritisierte Haußmann. Schienenfahrzeuge seien keine standardisierten Produkte wie ein Auto. Es sei nicht gesagt, dass diese Maßanfertigungen auch für andere Nutzer interessant seien und sie diese tatsächlich zu auskömmlichen Konditionen für das Land übernehmen würde und daher „Aufgabe des Landtags, mehr Licht in den Schattenhaushalt zu bringen“.
Die Sozialdemokraten sehen sich – mit Blick auf die vergangene Legislaturperiode – dagegen sogar in der Vaterrolle für die neue Anstalt. „Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen von der CDU“, erklärte Gerhard Kleinböck (SPD), „ihr seid ja jetzt in der Stiefvaterrolle. Ich bitte euch einfach, mit unserem Kind sorgsam umzugehen.“ Er wisse noch genau, dass „die CDU-Fraktion damals nicht gerade euphorisch war, als es um Zustimmung für dieses Projekt ging“.
Die CDU-Fraktion habe kritisiert, „dass unser Land als wirtschaftlicher Akteur auftritt, die Waggons und Triebwagen beschafft und diese über rund 30 Jahre finanziert, bestätigte August Schuler für die kleine Regierungsfraktion. Man lege „also sozusagen schon heute fest, welche Wagen bis Mitte dieses Jahrhunderts in nahezu unveränderbarer Kapazität auf unseren Schienen im Land fahren werden. Da habe seine Fraktion noch immer das eine oder andere Fragezeichen.
Verkehrsminister Winfried Hermann versuchte, Bedenken zu zerstreuen und lobte die bundesweit einmalige Konstruktion, die viele noch nicht richtig verstanden hätten. „Wir machen es sehr geschickt“, so Hermann, „wir sagen: Ein Anbieter von Verkehrsleistungen kann überlegen, welche Fahrzeuge er nehmen will, da ist er frei.“ Er bekomme vom Land das Geld, um die Fahrzeuge zu kaufen, aber die Fahrzeuge bleiben im Eigentum des Landes. Die Kredite und die Finanzierungskosten würden vom Betreiber über eine Pacht zurückbezahlt. Da bestehe überhaupt kein Risiko, weil die Fahrzeuge im Eigentum des Landes blieben.
Bernd Gögel, der AfD-Fraktionschef, stellte eine Zwischenfrage und wollte Details der Kalkulation erfahren: Bei der Kalkulation auf 25 Jahre haben Sie jetzt Verträge mit Laufzeiten von 12 oder 13 Jahren abgeschlossen. „Haben Sie berücksichtigt, dass sich die variablen Kosten für Unterhalt, Pflege und Wartung in der zweiten Periode verdoppeln und verdreifachen, was zur Folge hätte, dass Sie die eingesparte Milliarde vielleicht mehrfach wieder in den Haushalt einstellen müssen?“ Hermann konterte mit dem Hinweis, dass alles durchgerechnet und berücksichtigt sei. Es gebe unterschiedliche Verträge mit Laufzeiten von sechs bis 13 Jahren, „und dafür gibt es eine klare Budgetierung“.