Stuttgart. Die Schulen in freier Trägerschaft im Land erhalten mehr Geld vom Staat. Mit den Stimmen von Grünen, CDU und SPD billigte der Landtag von Baden-Württemberg am Mittwoch in zweiter Lesung das Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes und dessen Vollzugsverordnung. Die AfD stimmte dagegen, die FDP-Fraktion enthielt sich.
Damit wird vom 1. August dieses Jahres an der Ausgleichsanspruch für nicht erhobenes Schulgeld – wenn Schulen sozial schwächeren Eltern das Schulgeld ganz oder teilweise erlassen und Ausgleich dafür beantragen - konkretisiert und eine Erhöhung der Kopfsatz-Zuschüsse von derzeit 78,1 auf 80 Prozent der Bruttokosten eines Schülers an einer öffentlichen Schule realisiert. Für das Land bedeutet dies Mehrausgaben in Höhe von 20 Millionen Euro in diesem Jahr und von 2018 an von 50 Millionen Euro. Insgesamt zahlt das Land derzeit 900 Mio. Euro an die Privatschulen.
Mit dem Gesetz reagiert das Land auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 6. Juli 2015; dieser hatte festgestellt, dass Paragrafen des Privatschulgesetzes nicht mit Artikel 14 der Landesverfassung vereinbar sind. Privatschulen hatten seit Jahrzehnten mit dem Land über eine Erhöhung der Förderung geringen.
SPD und FDP scheiterten mit einem Entschließungsantrag zum Privatschulgesetz. In namentlicher Abstimmung lehnten Grüne, CDU und AfD diesen ab. Beide Fraktionen wollten eine unabhängige Kommission einsetzen, welche die Kosten der Schulen für Physiotherapie ermitteln sollten; darauf sollte ein Zuschuss für die Physiotherapie-Schulen in freier Trägerschaft erarbeitet werden. Grüne und CDU brachten kurzfristig am Vormittag einen eigenen Entschließungsantrag ein.
Schulen in freier Trägerschaft seien eine „wichtige und grundlegende Ergänzung“ für öffentliche Schule, erklärte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Das Gesetz sei für die Privatschulen eine glänzende Basis, rechtlich, politisch und finanziell. Eisenmann kündigte an, auch das Thema Geschwisterregelung zeitnah anzugehen.
Jürgen Walter (Grüne) sprach von einem „Meilenstein“ in der Geschichte des Bildungswesens im Lande. Dieses Modell sei kein Almosen, sondern die verdiente Anerkennung für die Arbeit der Privatschulen. „Diese schaffen mehr Pluralität im Bildungswesen und sind Ausdruck einer aktiven Zivilgesellschaft“, sagte Walter. Die sozial verträgliche Lösung bei den Eigenmitteln gehe dahin, dass diese monatlich 160 Euro bzw. 5 Prozent des Einkommens nicht übersteigen sollen.
Das Gesetz sei ein „wertvoller Beitrag zur Wahlfreiheit und zur Vielfalt des Bildungsangebots“, urteilte Sylvia Felder (CDU). Alle Schüler sollten unabhängig von den Besitzverhältnissen ihrer Eltern eine freie Schule besuchen können.
Dagegen bezeichnete Rainer Balzer (AfD) das Gesetz als „noch etwas unausgegoren“. Die Erhöhung auf 80 Prozent der Kosten sei sinnvoll und richtig, eine Erhöhung der Finanzierung bei Schulgeldverzicht jedoch problematisch. Auf jeden Fall müsse die Unabhängigkeit der Schulen von externen Geldgebern gewahrt werden, damit die Freien Schulen ihr Freiheit bewahren können.
Auch bei der SPD tat sich ein „Aber“ auf. Stefan Fulst-Blei glaubt, dass die möglichen Höchstsätze für einkommensschwache Familien auch weiterhin „unerschwinglich“ sein werden. Außerdem müsse ein nachhaltiges Finanzierungsmodell zusätzliche Kosten für die Ganztagesschulen und Schulsozialarbeit berücksichtigen.
Die FDP unterstütze ausdrücklich die Privatschul-Zuschüsse, sagte Timm Kern. Der Gesetzentwurf sei jedoch ein „Zwitter-Pakt“. Das „grün-schwarze Bürokratiemonster“ drohe die Gestaltungsfreiheit der Privatschulen empfindlich einzuschränken. Betreuungsangebote außerhalb des Pflichtunterrichts würden zwangsläufig teurer und damit für neue soziale Hürden sorgen, mutmaßte der liberale Bildungsexperte.