Stuttgart. Seit Februar 2017 war ein Antrag der FDP-Fraktion zur „Digitalisierung der Schulen“ im Land unbehandelt. Am Mittwoch sah sich deren bildungspolitischer Sprecher Timm Kern dementsprechend zuerst zur „Rückschau“ aufgerufen. Denn gerade „diese Rückschau auf unsere damals gestellten Fragen und die Stellungnahme des Kultusministeriums machen das ganze Ausmaß deutlich, in dem die grün-schwarze Landesregierung bei der Digitalisierung der Schulen versagt hat“. Und dass, „obwohl es bereits seit dem Jahr 2016 eine Einigung mit den Kommunen auf Multimedia-Empfehlungen gibt“. Tatsächlich, so Kern weiter, „stehen die Kommunen aber im Regen“.
Zehn Fragen hatte die FDP-Fraktion gestellt, wollte unter anderem wissen, „wie die Versorgung der Schulen, differenziert nach Schularten und nach der Lage der Schulstandorte im städtischen oder ländlichen Bereich, mit schneller Internetanbindung beurteilt wird“ oder wie in allen Schulen „eine ausreichende IT-Ausstattung sowie die Betreuung und Wartung der Geräte und der Software sichergestellt ist“. Die Digitalisierung, schrieben die Abgeordneten damals, sei von der grün-schwarze Regierungskoalition zu einem Schwerpunkt der ihrer Amtszeit erklärt worden.
Inzwischen sieht Kern dieses Ziel ausdrücklich nicht erreicht. Notwendig sei ein tatsächlich tragfähiger Digitalpakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen, die zügige Einführung des Informatikunterrichts und vor allem die Bildungsplattform „ella“ endlich auf den Weg zu bringen. Auch Stefan Flust-Blei (SPD) befasst sich erneut damit, dass die digitale Bildungsplattform, als eines der wichtigsten Projekte der Legislaturperiode, vorerst gescheitert sei: „Sie haben mindestens 6,7 Millionen Euro an die Wand gefahren, drei Jahre mindestens verloren und eine ganze digitale Generation verbrannt.“
Volker Schebesta, der CDU-Staatssekretär im Kultusministerium wollte die Vorwürfe nicht stehen lassen. Unter anderem, weil das Land bereits eine Anschubfinanzierung für die Digitalisierung von 75 Millionen Euro pauschal bereitgestellt habe. Das sei der richtige und in der guten Tradition der Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen gefundene Weg. „Wir sehen auch, dass es im Bund zu lange dauert“, sagte Schebsta. Nicht nur das Land auch „gerade die Kommunen wollen wissen, wie es finanziell weitergeht“.
Grundsätzlich warnte der Staatssekretär davor, unter dem Stichwort Digitalisierung nur auf die Medienbildung oder die Informatik zu schauen. Schülerinnen und Schüler stünden für ihr späteres Leben „vor nochmals rasanteren Veränderungen, und darauf müssen wir sie vorbereiten“. Jugendliche würden sich in Berufen wiederfinden, „die im Laufe ihres Lebens komplett wegfallen werden“. Auch das müsse schon heute bei der Ausrichtung des Unterrichts mitbedacht werden.
Jürgen Walter (Grüne) fasste den Begriff Digitalisierung ebenfalls weiter, erinnerte daran, dass „Medienkompetenz auch Demokratiekompetenz sein muss“. Jungen Menschen sei eine Nachrichtenkompetenz vermitteln, wie sie bisher nicht in der Schule vermittelt worden sei. „Wir hören doch jeden Tag davon, dass Nachrichten, aktuell in Brasilien oder den USA im Wahlkampf, gefälscht werden“, sagte Walter. Gelehrt werden müsse deshalb, wie Fakten von fake-news zu unterscheiden seien.
Für die AfD erläuterte Rainer Balzer, Digitalisierung könne das Lernen im Kopf nicht ersetzen. Für viele Schüler sei der Umgang mit digitalen Endgeräten eine Selbstverständlichkeit. Gerade deshalb müssten jedoch Erwartungen und Ansprüche festgelegt werden, etwa der Betriebe an die Auszubildenden oder der Universitäten an die Studenten. Siegfried Lorek (CDU) nutzte dagegen die Gelegenheit, um die AfD noch einmal für ihre „Anschwärz-Plattform“ zu kritisieren, die im Netz geschaltet hätte werden sollen. Und Lorek befasste sich mit den vom Bund angekündigten Milliarden. Es sei richtig, Geld für die digitale Schule zur Verfügung zu stellen, „aber das darf nicht auf Kosten der föderalen Struktur der Bundesrepublik gehen, denn die lassen wir uns nicht abkaufen mit einer einmaligen Förderung“.