Scharfe Kritik an AfD-Vorstoß zu Wahlrecht

29.11.2018 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. Auf heftige Kritik von Grünen, CDU, SPD und FDP stoßen die Ideen der AfD zur Neuregelung des Wahlrechts. Fraktionsvize Emil Sänze erläuterte den Vorstoß mit dem „grundgesetzlichen Postulat“, dem Rechnung getragen werden müsse und dem zufolge „nur Deutsche im Sinne des Artikel 16, Absatz 1 wählen können“. In seiner Begründung für einen entsprechenden Gesetzentwurf ging Sänze von einer „rechtswidrigen Praxis“ bei der Ausstellung von Pass und Ausweisdokumenten aus und von einer „nicht zu unterschätzenden Chance“ das Wahlrecht zu bekommen, ohne Deutscher zu sein. Lediglich eine "Vermutung“ reiche aus, um wählen gehen zu können, das sei ein “ungeheuerlicher Vorgang“, weil es um „die Grundlage der Volkssouveränität" gehe.

Für die Landesregierung und in Vertretung von Innenminister Thomas Strobl lehnte Staatssekretär Wilfried Klenk (CDU) die Auffassungen als Unterstellungen rundweg ab. Die AfD wolle das Wahlrecht an den Staatsbürgerschaftsausweis knüpfen und verkenne damit völlig die Bedeutung dieses Dokuments, das nur „in zweifelhaften oder in ganz speziellen Fällen“ nötig sei, etwa bei Adoptionen, der Rückkehr aus dem Ausland oder für Spätaussiedler. Außerdem stelle die AfD bei Kommunalwahlen deutsche Staatsbürger mit dieser neuen Hürde schlechter als EU-Bürger, die ohne zusätzlichen Nachweis wählen könnten.

Noch deutlicher wurde Daniel Lede Abal für die Grünen: Der Gesetzentwurf sei „Schwachsinn“, weil Probleme konstruiert würden, die es nicht gebe, und das „ohne jeden Beleg“. Aber er entspreche dem „autoritären Überwachungsstaatsverständnis des AfD“, außerdem handele es sich um eine „Anbiederung an Reichsbürger und Rechtsextreme". Nach den Vorstellungen der AfD hätten „alle hier im Saal die deutsche Staatsbürgerschaft nicht und müssen deshalb zwangsüberprüft werden“. Das Gegenteil sei aber richtig. Allein Zweifelsfälle müssten nachgeprüft werden. „Sie behaupten aber, Wahlen in Baden-Württemberg werden verfälscht, weil Unberechtigte ihre Stimme abgeben“, so der Grüne weiter, „und wollen auf diese Weise das Wahlrecht für Eingebürgerte in Frage stellen.“ Schon allein deshalb müsse der Gesetzentwurf ersatzlos zurückgezogen werden.

CDU warnt vor „bürokratischem Monster“

Marian Gentges (CDU) erklärte, den Text des Entwurfs mehrfach gelesen zu haben, und zwar „nicht ohne Erkenntnisgewinn“. Es würde ein „bürokratischen Monster“ kreiert. Und ihr stelle sich die Frage, wie jemand auf die Idee komme, das Wahlrecht von der Vorlage eines Staatsbürgerschaftsausweises abhängig zu machen. Denn der Personalausweis oder Pass mache „die deutsche Staatsbürgerschaft glaubhaft“. Und sollte es einmal Zweifel geben, „dann reichen die bestehenden Gesetzt aus“, so Gentges weiter. Der Geist, der aus dem Gesetzentwurf spreche, müsse in der Flasche bleiben, in der er seit 70 Jahren sei.

Für die FDP kritisierte Heilbronner Abgeordnete Nico Weinmann den zu erwartenden bürokratischen Wust, er wies den Gesetzentwurf ebenfalls zurück, schon allein weil der Charakter der "behördlich ausgestellte Staatsbürgerschaftsurkunde" völlig falsch verstanden werde. 

Neun Millionen Staatsbürgerschaftsausweise müssten ausgestellt werden

Ex-Innenminister Reinhold Gall (SPD) sah die Absicht der AfD darin, allen Baden-Württembergern zu unterstellen, sie besäßen die Staatsbürgerschaft gar nicht, um so Misstrauen zu säen. Danach müssten neun Millionen Staatsbürgerschaftsausweise ausgestellt werden. Behauptet werde zudem, dass nicht einmal ein Promille der Bevölkerung die Staatsbürgerschaft nachweisen oder sicher sein könne, sie zu haben. „Was wollen Sie eigentlich?“, fragte Gall und gab eine Antwort: „Sie wollen Handlager der Reichsbürger sein.“


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