Stuttgart. „Die Windkraft ist eine Form der erneuerbaren Energien, die wir mit Maß und Mitte in Baden-Württemberg voranbringen wollen“, sagte der CDU-Abgeordnete Paul Nemeth. Er reagierte damit auf Vorwürfe des FDP-Abgeordneten Andreas Glück. Glück hatte kritisiert, dass die CDU sich vor der Landtagswahl für einen Anteil der Windkraft von fünf Prozent an der Stromerzeugung ausgesprochen hätte. Im Koalitionsvertrag finde sich das jedoch nicht wieder. Glück wollte deshalb wissen, „ob der ungezügelte Windkraftausbau“ der Grünen so weiter gehe. Er wiederholte seine alte Forderung, dass das Land bei der Energiewende auf seine Stärken setzen solle, etwa Innovationen für Energiespeicher oder Energieeffizienz, nicht jedoch auf die Windkraft.
„Wir haben uns nach Fukushima alle geeinigt, dass wer aussteigt auch einsteigen muss. Und dazu gehört auch die Windenergie“, konterte Nemeth. Es sei bekannt, dass die Abstände zwischen Wohnbebauung und Windkraftanlagen ein Streitpunkt bei den Koalitionsverhandlungen gewesen seien. Die CDU sei der Ansicht gewesen, dass die 1000 Meter Abstand, die zu Nistplätzen eines Rotmilans notwendig seien, auch für die Menschen gelten sollten. „Aber wir haben einen Kompromiss gefunden“, so Nemeth und wies auf die Entscheidungsmöglichkeiten vor Ort hin.
Es sei auch richtig, dass ein bestimmter Anteil von fünf oder zehn Prozent Windenergie nicht Teil des Koalitionsvertrags sei. Das hätte auch keinen Sinn gemacht, da der Bund inzwischen durch die Umstellung auf Auktionierungen die Förderbedingungen bei der Windenergie geändert habe. Im Koalitionsvertrag sei deshalb ein Anteil von 38 Prozent erneuerbarer Energien bis 2020 als Ziel aufgenommen.
Jutta Niemann (Grüne) wies auf die Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien hin. Dazu zählen das Klimaschutzgesetz des Landes, das Klimaabkommen von Paris und die Klimainitiative „Under2MOU“, die von Baden-Württemberg und Kalifornien initiiert wurde und der bei der Klimakonferenz in Marokko nun auch die Bundesregierung beigetreten ist. Die Unterzeichner wollen die Erderwärmung auf unter zwei Grad begrenzen. Doch diese Ziele seien nur mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu erreichen, so Niemann. Energieeffizienz und Energieeinsparung sind kein Ersatz für den Umstieg auf erneuerbare Energien. Vielmehr müsse beides zusammenspielen, sagte sie in Richtung der FDP. Doch das Potenzial der Wasserkraft im Land sei ausgeschöpft, auch die Möglichkeiten der Biomasse seien begrenzt. Und Solarenergie alleine werde nicht ausreichen. Deshalb brauche man die Windkraft, zumal sie auch eine der günstigsten Energien sei. „Wir bekennen uns ohne Wenn und Aber zu Energiewende, Klimaschutz und dem notwendigen Ausbau der Windenergie im Land“, sagte Gernot Gruber für die SPD.
Klaus-Günther Voigtmann (AfD) sprach sich gegen eine „einseitige Fokussierung auf erneuerbare Energien“ aus. Er kritisierte den Ausbau von Wind- und Solarenergie, ohne dass entsprechende Speicher für die nicht ständig vorhandenen Energien vorhanden wären. Dadurch steige die Gefahr von Netzausfällen. Außerdem würden konventionelle Erzeuger benachteiligt. Der inzwischen fraktionslose Wolfgang Gedeon sprach beim Thema Klimawandel von Panikmache. „Nach so einer Rede warte ich nur darauf, bis wir hier irgendwann gesagt bekommen: Die Erde ist eine Scheibe“, sagte Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) mit Blick auf Gedeons Ausführungen.
Untersteller startete mit einem Vergleich: 1909 habe man begonnen Oberschwaben zu elektrifizieren. Leitungen und Masten in der Landschaft waren damals neu. Auch das sei nicht ohne Widerstände gegangen, da man eine Veränderung des vertrauten Landschaftsbilds fürchtete. Doch die Elektrifizierung habe auch dafür gesorgt, dass die Region sich auf den Weg in die Moderne machen konnte. Auch Windräder stellten einen Eingriff in die Landschaft dar. „Ich kann nachvollziehen, dass sich Menschen damit schwer tun“, sagte Untersteller. Gleichwohl seien 1909 die Masten eine notwendige Voraussetzung für die Elektrifizierung gewesen, heute seien die Windenergieanlagen eine Voraussetzung für die Energiewende und die Dekarbonisierung.
Untersteller wies darauf hin, dass der Strombedarf noch steigen werde, etwa mit Blick auf Verkehr und Wärme. „Und da stellen Sie sich hin und sagen: Windenergie brauchen wir nicht“, sagte er an die Adresse der FDP gewandt. Er wies auch darauf hin, auch andere Energieformen die Landschaft verändert hätten, etwa die Braunkohlereviere. Es gelte, die Auswirkungen der Energiewende so gering wie möglich zu halten. Auch bei der Windkraft. Er wies auch darauf hin, dass die Zahl der Windkraftanlagen im Land weiter steige, trotz veränderter Förderbedingungen. Für dieses Jahr rechnet er mit rund 110 bis 120 neuen Anlagen.