Stuttgart. Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) will den kritisch-konstruktiven Dialog mit Muslimen fortsetzen. Dies kündigte sie am Mittwoch in der Aussprache über „Konzept und Praxis des Runden Tisches Islam“ im Landtag an. In der nächsten und sechsten Sitzung des von der Ministerin eingerichteten „Runden Tisches“ werde man sich um den „interreligiösen Dialog“ kümmern.
Öney rechtfertigte die Einführung des Gremiums, aus ihrer Sicht ein Forum für die 550 000 Menschen islamischer Glaubensrichtung im Südwesten, der zweitgrößten religiösen Gruppe in Baden-Württemberg. Am Tisch sitzen auch Aleviten, Ahmadiyyah, Vertreter der bosnischen Gemeinden und Teilnehmer verschiedener Weltreligionen. „Gläubige, aber auch weniger Gläubige.“
Ähnlich wie der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit der Schaffung der Deutschen Islamkonferenz, habe sie den Runden Tisch Islam eingeführt, um innere Sicherheit über inneren Zusammenhalt zu erreichen und zu verstärken und damit die in Teilen der Bevölkerung vorhandene große Verunsicherung und Angst zu minimieren. „Es geht darum, offen miteinander zu reden und nach konkreten Lösungen zu suchen“, erklärte Öney. Der Runde Tisch habe gemeinsam mit den christlichen Kirchen und den jüdischen Gemeinden ein Bündnis gegen Menschenfeindlichkeit verabschiedet, um sichtbar Zeichen zu setzen, die auch in Richtung Gesamtgesellschaft hinein wirken. Auch die rechtliche Stellung des Islam, die Rolle der Frau, das Themenbündel „Jugend, Kultur und Medien“ und der islamische Religionsunterricht seien angesprochen worden.
Für Rosa Grünstein (SPD) gehört der Islam „auch zu Baden-Württemberg“. Der Runde Tisch solle den Dialog mit den Muslimen weiter vertiefen und damit über den inneren Zusammenhalt die innere Sicherheit stärken. Gesellschaftlich kontrovers diskutierte Themen wie die Zwangsverheiratung junger Mädchen, Friedensrichter, die klare Absage an eine nicht legitimierte Paralleljustiz, das Tragen von Kopftüchern oder der islamische Religionsunterricht an deutschen Schulen seien aufgegriffen worden. „Der Runde Tisch Islam ist auch ein wichtiger Beitrag gegen Diskriminierung“, sagte Grünstein. Er sei auch ein Erfolgsmodell mit landesweiter Ausstrahlung und ein leuchtendes Beispiel für die Politik des Gehörtwerdens.
Auch Bernhard Lasotta (CDU) hält den Runden Tisch für „wichtig“. 5,5 Prozent der Bevölkerung im Südwesten mit islamischen Glauben sei eine relevante Gruppe. Er sieht ein großes Problem, dass immer nur über Extreme diskutiert wird, wenn das Thema Islam Gesprächsstoff ist: „Die einen – Verrückten – schreien über die Islamisierung unseres Landes, die überhaupt nicht gegeben ist, und die anderen tun alles, was an kritischen Fragen gestellt wird, sofort als rassistische Äußerung ab“, nannte Lasotta als Beispiele. Er kritisierte, dass für den islamischen Religionsunterricht „schlichtweg die Konzeption und das Geld über das Kultusministerium fehlt“. Es dürfe auch nicht sein, dass sich Verbände, die beim Runden Tisch vertreten sind, dann an dubiosen Veranstaltungen beteiligen. So habe auch der Protest nationalistischer Gruppen gegen das Konstanzer Theaterstück, das den Genozid an den Armeniern thematisiert, „überhaupt nichts mehr mit integrationspolitischer Leistung zu tun“.
Der Runde Tisch sei notwendig für den Dialog, um Vorurteile und Missverständnisse abzubauen“, sagte Wilhelm Halder (Grüne). Der Dialog sei auch wichtig für ein weltoffenes und modernes Baden-Württemberg. Beim Thema „Islamische Seelsorge“ sprach sich der Grüne für die Ausweitung des Angebots aus. Bisher sind in der Region Oberschwaben-Bodensee und in der Metropolregion Rhein-Neckar islamische Seelsorger in Krankenhäusern aktiv. Aufbaukurse für die Bereiche Gefängnis, Notfall- und Telefonseelsorge seien angedacht. Die Nachfrage nach solcher Seelsorge sei stark gestiegen.