Stuttgart. „Wir dürfen uns unsere Umweltkompetenz nicht wegnehmen lassen“, sagt der Grünen-Landtagsabgeordneten Bernd Murschel und meint ausdrücklich nicht seine Partei, sondern Baden-Württemberg. In einer Debatte zur Innovationskraft ging der Leonberger auf die Bedeutung nachwachsender Rohstoffe und der Bio-Ökonomie-Strategie ein und nannte als Beispiel die Verwendung von Holz als Baustoff statt Beton. Auch Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) unterstrich das Potential der neuen Strategie, das „enorm“ sei, weil auf diese Weise der Wirtschaftsstandort gesichert werde und die Möglichkeiten in der Landwirtschaft genutzt würden.
Grundlage der Debatte war ein Antrag der Grünen, der darauf verweist, dass sich die Landesregierung schon in ihrem Koalitionsvertrag von 2016 auf Nachhaltigkeit und Innovationen verpflichtet hat. „Schon jetzt ist Baden-Württemberg europa- und weltweit eine der Regionen mit dem höchsten Grad an Innovationen“, heißt es darin. Dazu trage „maßgeblich auch der Erfindungsreichtum im Bereich Ressourceneffizienz und der erneuerbaren Energien bei, und nur wenn dieses Potenzial im Bereich der nachhaltigen Entwicklung weiter verlässlich stimuliert wird, können die großen Herausforderungen, die durch den Klimawandel, den Ressourcenverbrauch und durch Verschiebungen des ökologischen Gleichgewichts entstehen, gemeistert werden“.
Paul Nemeth (CDU) betonte ebenfalls die Vorreiterrolle des Landes. Die Umgebung, in der diese Rolle genutzt werden müsse, sei „dramatisch“, angesichts der wachsenden Weltbevölkerung oder der dringend notwendigen verstärkten Sicherung der Ökosysteme. „Eine Top-Priorität muss die Ernährungssicherung haben“, so der energiepolitische Sprecher seiner Fraktion. Direkt sprach Nemeth die AfD an und ihre Abfrage der Nationalität von Künstlern. Baden-Württemberg brauche gerade in der Forschung die klügsten Köpfe, ganz unabhängig von ihrer Herkunft, um den Spitzenplatz zu behalten. Eines der zentralen Ziele bestehe darin, „Wohlstand für alle klimaneutral zu organisieren“ und von der Wegwerfgesellschaft weg zu einer Kreislaufwirtschaft zu kommen.
Die Schwaben und die Badener, so Klaus-Günther Voigtmann (AfD), hätten „schon bevor es die Grünen gab, auf den sparsamen Einsatz von Ressourcen geachtet“, weil der schon immer Grundlage für wirtschaftliches Wohlergehen gewesen sei. „Glauben Sie ernsthaft, dass Sie gestandene Unternehmen stimulieren müssen?“, fragte der Abgeordnete rhetorisch, das marktwirtschaftliche Prinzip funktioniere von selbst, weil Verschwendung teuer sei. Niemand brauche Unternehmen „an die Hand zu nehmen und in eine leuchtende Zukunft zu führen“. Denn Erfolg habe „der Tüchtige, nicht der Ideologe“.
Untersteller reagierte scharf: „Wenn ich mir diese Zeug von der rechten Seite anhöre, kann ich nur sagen, das ist gefährdend für den Wirtschaftsstandort.“ Der Umweltminister ging aber auch direkt auf die Kritik von Gabriele Reich-Gutjahr ein. Die FDP-Abgeordnete hatte nach einem „umwelt- und klimarelevanten Ruck“ verlangt, der durch Wirtschaft und Gesellschaft gehen müsse: „Der Königsweg dazu ist der europäische Emissionshandel, den wir rasch auf alle Sektoren ausweiten müssen, da kleinteilige Förderprogramme allenfalls den Markt verzerren“. Der Umweltminister erläuterte dagegen, dass gerade im Emissionshandel nur die Betrachtung der einzelnen Sektoren zielführend sei: Im Energiebereich seien 26 Euro der richtige Preis, weil damit die Braunkohle aus dem Markt gedrängt werde, im Verkehr aber seien 26 Euro kein Preissignal, sondern viel zu niedrig. „Das ist doch auch das, was die Industrieverbände zum Ausdruck bringen“, so Untersteller. Aber die FDP sei dagegen.
Für die SPD-Fraktion stellte Gernot Gruber der Landesregierung ein zumindest teilweise gutes Zeugnis aus: Unstrittig sei, dass „der Umweltminister umtriebig und engagiert ist“. Viele sei allerdings auch schon zu grün-roten Regierungszeiten angeschoben worden. Ohne „deutliche Innovationssprünge“ werde das Land aber nicht weiterkommen. Als Beispiel nannte Gruber die „riesige Lücke bei den CO2-Einsparzielen“. Manchmal denke er, „dass wir hier vieles Richtiges in schönen Broschüren und auf Kongressen besprechen, aber in der konkreten Praxis zu langsam vorankommen“.