Untersuchungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg" befragt Hochschulexperten

18.05.2017 
Von: schl/sta
 
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Sabine Kurtz leitet den Untersuchungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg". Foto: dpa

Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Zulagen Ludwigsburg“ hat in seiner ersten öffentlichen Sitzung an diesem Freitag Sachverständige befragt. Das 13-köpfige Gremium, das von SPD und FDP beantragt worden war, soll die Vorgänge rund um Zulagen für Professoren an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg klären.

SPD und FDP hatten den Untersuchungsausschuss beantragt nachdem die Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Rektor, den ehemaligen Kanzler und 13 Professoren ein Strafverfahren wegen Untreue beziehungsweise Beihilfe dazu eingeleitet hatte. „Wir haben die Experten geladen, um uns vertiefte Einblicke in das Hochschul- und Besoldungswesen zu verschaffen“, sagte die Ausschussvorsitzende Sabine Kurtz (CDU) im Vorfeld der Sitzung.

Im Kern geht es um die Frage, ob Professoren zu recht Zulagen gewährt und von diesen angenommen wurden. Auch soll geklärt werden, ob Rektorat und Professoren Zweifel an der Ende 2011 gestarteten Zulagenpraxis hätten bekommen können. Hintergrund ist der Wechsel von der am Dienstalter orientierten C-Besoldung zur W-Besoldung, die neben einem niedrigeren Grundgehalt auch Leistungselemente enthält. Die Art der Gewährung von Zulagen in Ludwigsburg war möglicherweise rechtswidrig. Die Oppositionsvertreter wollen im Rahmen dieses Ausschusses auch klären, ob sich Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) im Zusammenhang mit den Vorgängen in Ludwigsburg pflichtwidrigen Verhaltens schuldig gemacht hat. Die Ministerin soll in der nächsten Sitzung am 30. Juni befragt werden.

Rektor der Hochschule Kehl erläutert Zulagenpraxis an seiner Hochschule

Als erster Experte wurde der Rektor der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, Paul Witt, von den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zur Praxis an seiner Hochschule befragt. Er erläuterte, dass die W-Besoldung im Jahr 2005 eingeführt wurde. Bis zum 31. Dezember 2009 konnten Professoren noch mit einer Optionszulage von der C- in die W-Besoldung wechseln. Von den 33 Professoren an seiner Hochschule haben das drei getan. Weitere Professoren wechselten – dann allerdings ohne Optionszulage – erst wieder ab 2015, nachdem die W-Besoldung durch ein Gerichtsurteil erhöht worden waren.

Zulagen gibt es an der Hochschule Kehl in vier Fällen: Berufungszulagen werden gewährt, um einen gewissen Einkommensausgleich zu erzielen, wenn man beispielsweise jemanden haben möchte, der zuvor, etwa als Anwalt, deutlich mehr verdient hat. Allerdings wird der Einkommensunterschied dabei nicht vollständig ausgeglichen, wie Witt deutlich machte. Bleibezulagen können gewährt werden, wenn Professoren einen Ruf an eine andere Hochschule erhalten und man sie halten möchte. Seit Einführung der W-Besoldung wurden solche Anträge in Kehl in fünf Fällen gestellt. In drei Fällen wurde eine Bleibezulage gewährt, in zwei nicht. Funktionszulagen gibt es für Rektor, Kanzler, Dekane, Pro- und Studiendekane. Sie entfallen, sobald ein Professor die Funktion nicht mehr ausübt.

Für die Vergabe von Leistungszulagen hat die Hochschule Richtlinien aufgestellt, diese wurden im März dieses Jahres nochmals geändert. Besondere Leistungen in Lehre, Forschung, Weiterbildung und Nachwuchsförderung sind Kriterien für die Vergabe diese Zulagen. Auf Nachfrage erläuterte Witt, dass das Wissenschaftsministerium in die Aufstellung der Rektoratsrichtline nicht eingebunden sei. Dafür sei es nicht zuständig.

Regierungsbericht liegt dem Ausschuss seit dieser Woche vor

Auf die Frage, an wen er sich wenden würde, wenn er den Verdacht hätte, dass die Gewährung einer Zulage problematisch sei, erklärte Witt, dass er, wenn er Fragen hätte, bei denen er nicht die eigenen Juristen einschalten wollte, sich von der Justiziarin der Rektorenkonferenz beraten lassen würde. Bei ganz großen Problemen würde er sich möglicherweise auch an das Wissenschaftsministerium wenden. Aber das sei bisher noch nie der Fall gewesen.

Am Nachmittag wurde auch noch Dieter Dohmen, Direktor des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie in Berlin, als Experte zu Hochschulstrukturen und Besoldungsfragen gehört. Nach seinen Erfahrungen werden in den meisten Bundesländern Leistungszulagen und die Kriterien dafür als Sache der Hochschulen gesehen. Allerdings erklärte er ganz grundsätzlich auch, dass ein Wissenschaftsministerium, wenn es von einer Rechtswidrigkeit erfahre, handeln müsse. Ein Satz, auf den Sascha Binder (SPD) und Nico Weinmann (FDP) nach der Sitzung des Untersuchungsausschusses nochmals hinwiesen. Insgesamt brachten aber nach Angaben der CDU-Abgeordneten Marion Gentgesdie Ausführungen des Experten Witt den "höheren Erkenntnisgewinn". Das wurde auch in der Anhörung deutlich, da Dohmen auf viele Fragen der Ausschussmitglieder zur Situation in Baden-Württemberg keine Antwort geben konnte. Thomas Hentschel (Grüne) verwies nach der Expertenanhörung unter anderem auf den hohen Wert der Hochschulfreiheit, der von den Sachverständigen nochmals unterstrichen worden sei. Von der AfD nahm kein Ausschussvertreter am anschließenden Pressegespräch teil.

Dem Untersuchungsausschuss liegt seit dieser Woche auch ein Regierungsbericht vor, in dem das Wissenschaftsministerium seine Sicht der Dinge darlegt. Aus Sicht der SPD wird darin die „alte Argumentation“ des Wissenschaftsministeriums transportiert, die Hochschulautonomie habe ein früheres Eingreifen des Ministeriums verhindert. Außerdem werde die ehemalige Rektorin Claudia Stöckle zum Sündenbock gemacht. „Jetzt muss man sehen, ob der Regierungsbericht der Beweisaufnahme im Gremium standhält“, sagte Obmann Sascha Binder. Hentschel hingegen hält die Kritik am Regierungsbericht für nicht angemessen.


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