Stuttgart. Mit einem gemeinsamen Entwurf wollen Grüne, CDU, SPD und FDP das aus dem Jahre 1976 stammende Untersuchungsausschussgesetz für Baden-Württemberg novellieren. Auch die Abgeordneten der AfD signalisierten in der Aussprache am Mittwoch im Landtag Zustimmung.
Die Modernisierung des „in die Jahre gekommenen Gesetzes“ führe zur Stärkung der Abgeordnetenrechte, erklärte Hans-Ulrich Sckerl (Grüne). Für ihn erfüllen Untersuchungsausschüsse eine „wichtige Funktion in der der parlamentarischen Demokratie“, denn auch Minderheiten können mit Hilfe solcher Ausschüsse mitwirken. „Dies ist ein starkes Schwert des Parlaments und der Opposition“, erklärte Sckerl.
Wichtige Empfehlungen der drei Untersuchungsausschüsse in der vergangenen Legislaturperiode hätten zu den Empfehlungen für diese Initiative geführt und würden damit umgesetzt, sagte der Grünen-Politiker. Gleichzeitig kündigte Sckerl an, dass es noch vor der Sommerpause des Landtags in der kommenden Woche zur Einsetzung eines zweiten NSU-Untersuchungsausschusses kommen werde.
Neu aufgenommen ins Gesetz wird die Möglichkeit der Einsetzung eines Ermittlungsbeauftragten nach dem Vorbild des Deutschen Bundestags und anderer Landtage zur Erweiterung, Vereinfachung und einer effektiveren wie effizienteren Ermittlungsmöglichkeit des Ausschusses sowie eine Regelung zur Zeugenreihenfolge. Der Aktenbegriff wird hinsichtlich moderner Kommunikationsformen klargestellt. Die richterliche Durchsicht von Beweismitteln wird – der Rechtsprechung folgend – gesetzlich geregelt. Außerdem werden die Rechte und Pflichten eines Betroffenen sowie Entstehung dieses Status klargestellt. Durch die gesetzliche Regelung des Verfahrens zur Festlegung der Reihenfolge der Beweiserhebungen wird das Recht der qualifizierten Ausschussminderheit auf angemessene Beteiligung an der Beweisaufnahme gestärkt.
Nicole Razavi (CDU) nannte es erfreulich, dass die „einvernehmliche Reform“ aufgegriffen werde. In den Untersuchungsausschüssen EnBW, Schlossgarten II und NSU habe man erkannt, dass das derzeitige Gesetz nicht mehr zeitgemäß sei. Nach 40 Jahren sei eine „Verjüngungskur“ dringend geboten. „Untersuchungsausschüsse werden zukunftsfähig“, sagte Razavi und wies auch auf Grenzen bei streng persönlichen Daten hin.
Sascha Binder (SPD) sieht in der Novelle den Vorteil, dass rechtliche Fragen künftig nicht mehr zur Unterbrechung der Arbeit des Untersuchungsausschusses führen. Das Gesetz biete eine feste, rechtliche Grundlage. Auch aus Sicht von Timm Kern (FDP) ist die Gesetzesänderung „dringend geboten“, denn es handele sich auf zahlreiche gute Reformvorschläge.
Die AfD, die als Neuling im Landtag über keine Erfahrung in den Untersuchungsausschüssen verfügt, will im Grundsatz der Novelle zustimmen. Christina Baum („wir wollen das nicht einfach durchwinken“) forderte allerdings eine umfassende Beratung im Ständigen Ausschuss. Die Gesetzesänderung diene der Entbürokratisierung und schütze die Rechte der Minderheiten, weshalb ihre Fraktion die Modernisierung unterstütze. Allerdings genieße der Datenschutz Priorität und dürfe nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Nach Ansicht von Heinrich Fiechtner müsse eine einseitige Meinung eines Untersuchungsausschusses verhindert werden; Neutralität sei ihm wichtig.