Stuttgart. SPD und FDP sind im Landtag mit einem Vorstoß zur Abwendung von Fahrverboten für Diesel der Abgasnorm Euro-5 gescheitert. Die Fraktionen von Grünen und CDU lehnten den Antrag ab, die Regierung darauf festzulegen, dass „in keiner Stadt und keiner Gemeinde in Baden-Württemberg ein flächendeckendes Fahrverbot“ für diese Fahrzeuge verhängt wird. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke interpretierte das Abstimmungsverhalten der CDU auch als Beleg für den „schwachen Rückhalt“ von Innenminister Thomas Strobl in der eigenen Fraktion. Andreas Stoch (SPD) griff die CDU scharf an, weil die „wortwörtlich draußen verkündet, was in unserem Antrag steht“, dem aber nicht zustimme.
Die Aufstellung neuer Messstellen vor allem in Stuttgart nahm die FDP-Fraktion zum Anlass, um eine weitere Aktuelle Debatte zum Thema Fahrverbote zu beantragen. „Heute ist mal wieder eine Stunde der Wahrheit", so Rülke weiter. Die CDU könne zu ihrem Wort stehen, den Diesel-Fahrern im Land ein klares Zeichen senden, zeigen wie sie zu den Fahrverboten stehe, „die der grüne Verkehrsminister und der grüne Koalitionspartner als Teil ihres ideologischen Kampfes gegen das Auto Stück um Stück voranbringen“. Nach der Klausur in Schöntal „plusterte sich“ der CDU-Vorsitzende auf, so Rülke weiter „und sagte, mit der CDU werde es keine Fahrverbote für Euro-5-Diesel geben". Genau dieses Versprechen stelle man jetzt zur Abstimmung: "Und was passiert? Strobl kann sich nicht durchsetzen, wir beantragen heute ganz klar, dass es keine Euro-5-Fahrverbote geben soll, und die CDU lehnt das ab." Immer wieder habe die Regierung betont, man wolle Fahrverbote für Euro-5-Diesel vermeiden, „und zwar mit allen Mitteln“, sagte auch Stoch. Immer habe es auch geheißen, entschieden hätten aber die Gerichte. Inzwischen sei höchstrichterlich entschieden worden, dass flächendeckende Fahrverbote für Euro-5-Fahrzeuge den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen könnten. Deshalb brauche es diese Fahrverbote nicht.
Strobl ergriff in der Debatte nicht das Wort, Verkehrsminister Winfried Hermann konterte scharf. Auch wenn der FDP-Fraktionschef zehn Mal behaupte, es gehe ihm lediglich darum zu Fahrverboten zu kommen, werde das nicht richtig. Erneut erinnerte er an die Mitverantwortung von SPD und FDP. Die Sozialdemokraten hätten auf Bundesebene mitregiert, als mit drei Plaketten - gelb, rot und grün - Fahrverbote durchgesetzt wurden. Die SPD habe im Land mitregiert, als zahlreiche der heute greifenden Maßnahmen beschlossen wurden. Und an die Adresse Rülkes: Die Konstruktion der Umweltzone in der ganzen Stadt Stuttgart gehe auf eine Landesregierung zurück, der auch die FDP angehört habe. „Wir haben das vorgefunden“, so Hermann, „und wir haben wir weitergemacht genau so, wie Sie es gemacht haben.“ Außerdem verwies der Grüne auf die aktuelle EU-weite Überprüfung der Messstationen, unter die auch das Stuttgarter Neckartor gefallen sei. Im Land stünden die Messtellen richtig.
Für die Grünen-Fraktion stellte ihr Vorsitzender Andreas Schwarz einen Verzicht auf Fahrverbote in Aussicht und unterließ dabei sogar die Einschränkung flächendeckend: „Fahrverbote für Euro-Fünf-Fahrzeuge werden wir rechtssicher vermeiden.“ Den Grünen gehe es um den Wohlstand der Zukunft und um Lebensqualität. Die CDU-Landtagsfraktion bleibt dabei, flächendeckende Euro-5-Fahrverbote verhindern zu wollen. Der verkehrspolitischen Sprecher Thomas Dörflinger räumte allerdings ein, dass nach den ersten Prognosen der neuen Messungen bei einer besseren Ausnutzung der europarechtlichen Spielräume, viel dafür spricht, dass es „in Stuttgart „Überschreitungen nur noch Neckartor und in der Hohenheimer Straße gibt“. Grundsätzlich erläuterte Dörflinger, dass seine Fraktion „für eine Mobilitätspolitik steht, die sich ausschließlich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert“.
Schwere Vorwürfe erhob Hans Peter Stauch (AfD), der eine Planung „auf lange Sicht bis 2070“ unterstellte. Es gehe um Transformation und eine „neue Weltordnung mit kommunistischer Gerechtigkeit“. Das sei „der feuchte Traum linksgrüner Umweltfanatiker“. Und Stauch stellte die Fridays-for-Future-Bewegung in eine Reihe mit dem „dritten Reich“. Landtagspräsidentin Muhterem Aras beklagte die hohe Lautstärke während der Debatte, kündigt aber an, das Protokoll prüfen zu lassen, um gegebenenfalls Ordnungsrufe nachzureichen.