Stuttgart. Die Beamten des Landes und der Kommunen bekommen wie vorgesehen mehr Geld. Nach dem von Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) am Donnerstag in den Landtag eingebrachten Entwurf des Gesetzes zur Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Baden-Württemberg steigen die Bezüge rückwirkend zum 1. Januar 2019 um 3,2 Prozent, dann zum 1. Januar 2020 um weitere 3,2 Prozent und zum 1. Januar 2021 um weitere 1,4 Prozent. Auch die Versorgungsempfänger erhalten diese Erhöhungen. Die Anwärtergrundbetragen werden zum 1. Januar 2019 um 50 Euro und zum 1. Januar 2020 um weitere 50 Euro erhöht.
Für das Land entstehen gegenüber dem Jahr 2018 deutliche Mehrausgaben für Besoldung und Versorgung: Im laufenden Jahr rund 444,8 Millionen Euro, 2020 rund 903,8 Millionen Euro und 2021 rund 1,1 Milliarden Euro. Die Mehrkosten im kommunalen Bereich betragen 68,9 Millionen für 2019, 140,1 Millionen Euro im Jahr 2020 und 172,2 Millionen Euro im Jahr 2021. Das Land beschäftigt nach Angaben Sitzmanns derzeit 185 000 Beamte und Richter sowie 74 000 Tarifangestellte. Dazu kommen mehr als 130 000 Versorgungsempfänger des Landes und knapp 20 000 der Kommunen.
Mit der Anpassung halte das Land Anschluss an die Entwicklung und sorge dafür, dass der öffentliche Dienst ein attraktiver Arbeitgeber bleibt, sagte Sitzmann. Im Kampf um die klügsten Köpfe sei es richtig, den Tarifabschluss zeitgleich und systemgerecht auf die Beamten zu übertragen. Ministerrat, Regierungsfraktionen und der Finanzausschuss hätten ihrem Vorschlag zugestimmt. Damit werde die Leistung der Mitarbeiter gewürdigt, die Erhöhung „erwischt das Land nicht kalt“.
Das Land müsse und wolle die gute Arbeit von Polizei, Lehrern, Erziehern, Hochschullehrern und Richtern honorieren, sagte Markus Rösler (Grüne) in der ersten Lesung. Flexible Arbeitszeitgestaltung, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Möglichkeit zum Sabbatjahr seien weitere Aufgaben. Beamte hätten lebenslang Arbeit und eine gute Pension, würden aber auch in den Behörden gute Arbeit leisten. Deshalb sei die Anpassung „gut investiertes Geld“.
Gutes Personal müsse vom Land nicht nur teuer ausgebildet, sondern auch behalten werden, stellte Karl Klein (CDU) fest. Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes sei ein Standortfaktor. „Die Verwaltung funktioniert in unserem Land“, erklärte Klein, damit dies so bleibt, habe die CDU für personelle Verstärkung bei der Polizei und Justiz und dem Verfassungsschutz gesorgt. Auch die von Grün-Rot beschlossene abgesenkte Eingangsbesoldung sei auf Drängen der CDU zurückgenommen worden.
Da Baden-Württemberg noch sprudelnde Steuereinnahmen habe, könne sich das Land die Erhöhung der Bezüge und Pensionen leisten, urteilte Rainer Podeswa (AfD), zumal der Staat als Arbeitgeber attraktiv bleiben müsse. Das Gesetz sei sinnvoll und richtig, die Beamten sollten es genießen, denn es werde auf absehbare Zeit die letzte Gehaltserhöhung in dieser Größenordnung sein. Der grün-roten Landesregierung warf er vor, Misswirtschaft betrieben zu haben. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe mit seiner Autofeindlichkeit und ökonomischen Dilettantismus dafür gesorgt, dass heute Autobauer, Zulieferer, Maschinenbau und Elektroindustrie Probleme hätten.
Für Rainer Stickelberger (SPD) genügt „Dank allein, um die Zukunftsprobleme des öffentlichen Dienstes zu lösen“. Der Finanzministerin warf er eine „gönnerhafte Attitude“ vor. Es gebe „personalpolitisches Minimum“ im Südwesten, Zukunftsaufgaben wie flexible Arbeitszeitgestaltung, die Gestaltung und Umsetzung des Chancengleichheitsgesetzes und der Zugang von Migranten in den öffentlichen Dienst müssten angepackt werden. Um die großen Aufgaben habe sich die Landesregierung „bisher herumgedrückt“.
Die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifabschlusses sei der Landesregierung vom Bundesverfassungsgericht vorgegeben worden, sagte Stephen Brauer (FDP). Die Regierung müsse auch dringend nachsteuern, damit die Gerichtsvorgaben erfüllt werden können, dass Beamte mit Familie in niedrigen Besoldungsstufen in Ballungsgebieten mindestens 15 Prozent über dem Sozialhilfeniveau verdienen müssen. Zudem gebe es Fachkräftemangel nicht nur in der Wirtschaft, sondern verstärkt auch im öffentlichen Dienst.