Stuttgart. Studierende aus Nicht-EU-Staaten werden vom Wintersemester 2017/18 an den baden-württembergischen Hochschulen Studiengebühren zahlen müssen. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) brachte am Donnerstag den Entwurf zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und anderer Gesetze in den Landtag ein. Darin ist vorgesehen, dass die Betroffenen 1500 Euro pro Semester zahlen müssen. Darüber hinaus wird für ein Zweitstudium eine Semestergebühr von 650 Euro eingeführt. Es sind jedoch zahlreiche Ausnahmeregelungen vorgesehen.
Die grün geführte Landesregierung, die 2011 noch die Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren gefeiert hatte, macht damit einen Rückzieher und verlangt als erstes Bundesland Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer. Kritiker befürchten, dass dies der Beginn der Rückkehr zu weiteren Studiengebühren sein könnte. Der Gesetzentwurf wird nun im Finanz- und Wissenschaftsausschuss beraten.
Moderate Studiengebühren seien sinnvoll, notwendig und der richtige Weg, begründete Bauer ihren umstrittenen Gesetzentwurf. Sie seien auch europäischer Standard, erklärte die Ministerin und verwies auf ähnliche Gebührenregelungen in Österreich, Dänemark, Finnland und Schweden. Allerdings werden nur 20 Prozent der zusätzlichen Einnahmen an die Hochschulen fließen, die sie für die Betreuung und Förderung der internationalen Studierenden verwenden sollen. 80 Prozent gehen dagegen in den allgemeinen Haushalt. Das Wissenschaftsministerium muss einen strukturellen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung von 48 Millionen Euro leisten.
Die drei Oppositionsfraktionen lehnten bereits in erster Lesung den Gesetzentwurf – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen - ab. „Wir verramschen Wissenschaft“, wettere Rainer Balzer (AfD). Aus seiner Sicht wäre es „gerechter, die Studenten höher zu beteiligen“. Er wies auf Studiengebühren von mehr als 10 000 Euro in Paris, Cambridge oder Oxford hin. Außerdem mutmaßte er, dass mit dem Entwurf „Asylbewerber bevorzugt Studienplätze erhalten und von der Gebühr befreit“ werden. Immer mehr ausländische Studenten sollten an unsere Universitäten gelotst werden, sagte Balzer.
SPD und FDP wandten sich dagegen generell gegen die Wiedereinführung von Studiengebühren. Dies sei „ein falsches Signal“, urteilte Andreas Stoch (SPD). In einem weltoffenen Land wie Baden-Württemberg sei die Rückkehr zu Gebühren wirtschaftspolitisch „ein großer Unfug“; es schade dem Fachkräftemangel. Bildung und Studieren dürften auch nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Außerdem stünden Aufwand und Ertrag in einem Missverhältnis. Zudem habe sich Bauer noch 2009 gegen das Stopfen von Haushaltslöchern durch Studiengebühren ausgesprochen. Stoch vermutet, dass nun internationale Studierende in andere Bundesländer abwandern, die keine Gebühren erheben. Das baden-württembergische Gesetz könnte auch ein Signal an konservative Landesregierung geben, ebenfalls Gebühren einzuführen.
Nico Weinmann (FDP) sprach von einem „Offenbarungseid grüner Bildungspolitik“. Er findet den Entwurf diskriminierend und schädlich für ein weltoffenes, international ausgerichtetes Exportland wie Baden-Württemberg. Diese Studiengebühren seien „schlecht für den Wirtschaftsstandort“. Den Entwurf nannte der Liberale „inkonsequent“ und sprach sich stattdessen für das Prinzip nachlaufender Studiengebühren aus, wie sie die FDP schon seit Jahren fordert.
Grüne und CDU verteidigten dagegen den Gesetzentwurf. Man wolle das Gesetz nicht, aber man müsse es machen“, erklärte Alexander Salomon (Grüne). Nachdem sich seine Fraktion den Haushalt „genau angeschaut“ habe, habe man diese „schwere Entscheidung“ getroffen. Aber die Landesregierung halte ja an der generellen Gebührenfreiheit des Studiums fest.
Auch Andreas Deuschle (CDU) argumentierte mit der Erhebung und der Höhe von Studiengebühren in anderen Ländern. Die Zahl der Ausländer an den Hochschulen des Landes sei um 300 Prozent in den vergangenen 20 Jahren gestiegen. 33 000 Menschen aus Nicht-EU-Ländern würden derzeit im Südwesten studieren, größtenteils aus China und Indien, wo Jahresgebühren bis 10 000 Euro normal seien. In den angelsächsischen Ländern würde bis 40 000 Dollar erhoben. Deuschle wies darauf hin, dass mit den 1500 Euro Studiengebühren nur ein kleiner Teil der Studienplatz-Kosten gedeckt werden können.