Stuttgart. Die Option Ganztagsschule wird in Baden-Württemberg nicht auf weitere Schularten ausgedehnt. Mit den Stimmen von Grünen, CDU, AfD und SPD lehnte der Landtag am Mittwoch in zweiter Lesung die von der FDP-Fraktion beantragte Änderung des Schulgesetzes ab. Die Liberalen wollten erreichen, dass alle Schularten Ganztagsschulen sein können - nicht nur Grund- und Gemeinschaftsschulen.
Die grün-schwarze Landesregierung werde einen eigenen Gesetzentwurf erstellen, kündigte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) an und begründete damit auch die Ablehnung des FDP-Antrags. Dabei will sie „flexible Angebote in der Breite wieder stärker in den Mittelpunkt stellen“, und zwar Betreuung, Qualität, aber in der Auswahl für die Eltern, um passgenaue Angebote für Eltern, Schüler und Schulen zu machen.
Sandra Boser (Grüne) kritisierte, dass über den FDP-Entwurf schon in der Vergangenheit und jetzt wieder „über Gebühr“ diskutiert worden sei. Dieser gehe aber auf Kosten der Qualität. Auch die finanziellen Auswirkungen habe die FDP ausgeblendet. Der Gesetzentwurf sei schlecht gemacht und schlecht „für unsere Schulen“, kritisierte die Grünen-Schulexpertin. Grün-Schwarz werde weitere Maßnahmen entwickeln, um die Ganztagsschule im Südwesten voranzubringen.
Aus vier Gründen lehnte die CDU den Entwurf ab. Es fehle ein gewisser Qualitätsrahmen, die Finanzierung sei nicht schlüssig aufgedröselt, die CDU sei generell gegen die Abschaffung von Schulbezirken und es sei auch nicht in ihrem Sinne, dass die oberste Schulbehörde ausgeblendet werden soll, konstatierte Karl-Wilhelm Röhm (CDU). Die Ganztagsschule brauche ein qualitätsvolles und flexibles Angebot. Deshalb wollen die Koalitionspartner im Nachtragshaushalt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das neue Konzept zum Schuljahr 2019/2020 eingeführt werden kann.
Rainer Balzer (AfD) nannte den FDP-Entwurf „merkwürdig“. Die Liberalen wollten den Ganztagsausbau, obwohl nach einer Studie drei Viertel der Eltern nur vormittags Unterricht für ihre Kinder haben wollen. Die AfD lehne es ab, Kinder den ganzen Tag in die Schule zu schicken.
Ein „Sammelsurium aus Optionen der Nachmittagsbetreuung“ sei der FDP-Entwurf, kritisierte Stefan Fulst-Blei (SPD), dies sei weit entfernt vom qualitätsvollen, ganztäglichen Bildungsangebot mit Ziel Chancengleichheit, wie es die SPD fordere. Gleichzeitig war er der Landesregierung vor, mit den Ankündigungen der Kultusministerin zum Ganztag drohten jetzt auch „qualitative Einschnitte durch die öko-konservative Koalition“. Die Rhythmisierung als Qualitätsstandard sei für die SPD unantastbar. Das Land komme nicht voran, die SPD aber halte am Ziel „70 Prozent Ganztagsgrundschulen“ fest. Und die Gesetzgebung für die Sekundarstufe müsse nun folgen. Und die Stärkung der Schulleitungen hänge immens am Ausbau der Ganztagsschulen. Fulst-Blei sagte, Schule dürfe „kein Wartesaal bis zum Dienstschluss der Eltern“ sein. Beim Ganztag müsse es um Qualität gehen.
Die Wahlfreiheit beim Ganztag sei ein trauriges Beispiel dafür, wie die grün-schwarze Koalition nicht funktioniere, stellte Timm Kern (FDP) fest. In der vergangenen Legislatur habe die CDU Seite an Seite mit der FDP für mehr Wahlfreiheit beim Ganztag gestritten. „Nun, in der Koalition mit den Grünen, verbiegt sich die CDU heftig in Richtung Grüne und schluckt die verbindlich rhythmisierte Ganztagsschule als einzige Form im Schulgesetz“, sagte der liberale Schulexperte. Vom offenen Ganztag habe sich die CDU verabschiedet.
Den Grünen warf er warf, das Konzept der Kultusministerin zu verschleppen und zu blockieren. Für die Grünen sei der Ganztag ein „zentrales Instrument für mehr Bildungsgerechtigkeit“, weshalb es für sie immer die verpflichtende „Zwangsganztagsschule“ sein müsse. Die FDP jedoch wolle den Menschen vor Ort mehr Entscheidungsfreiheit geben.