Stuttgart. Winfried Kretschmann (Grüne) geht in seine zweite Amtszeit als Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Fünf Tage vor seinem 68. Geburtstag wählte der Landtag den seit dem 12. Mai 2011 amtierenden Regierungschef auf weitere fünf Jahre.
Von den 142 Abgeordneten – die Grünen-Abgeordnete Kirsten Lehnig fehlte krankheitsbedingt – stimmten 82 für Kretschmann, 57 votierten dagegen; zudem gab es eine Enthaltung. Auf zwei Stimmzetteln standen andere Namen. 72 Stimmen waren nach der Landesverfassung für die Wahl notwendig. „Ich nehme die Wahl an, Frau Präsidentin, und danke dem Haus für das Vertrauen“, sagte der alte und neue Ministerpräsident nach seiner Wahl unter dem Applaus der Abgeordneten. Vor der Plenarsitzung hatte Kretschmann noch das Gespräch mit den CDU-Abgeordneten gesucht und die Fraktion besucht.
Das Wahlergebnis für Kretschmann, der die erste grün-schwarze Landesregierung in Deutschland führen wird, fiel allerdings schlechter aus als vor fünf Jahren, als der erste grüne Regierungschef eines Bundeslandes 73 von 138 Stimmen erhalten hatte – und damit zwei Stimmen mehr als die damaligen Regierungsfraktionen von Grünen und SPD hatten. An diesem Donnerstag verfügten die Koalitionspartner Grüne und CDU über 88 Stimmen, so dass sechs Abgeordnete aus dem Regierungslager dem Ministerpräsidenten die Zustimmung verweigerten. Die Opposition aus AfD (23), SPD (19) und FDP (12) besetzen im 16. Landtag von Baden-Württemberg 54 Sitze.
Nach der Eröffnung der zweiten Sitzung des Landtags durch Präsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz den Abgeordneten Winfried Kretschmann zur Wahl vorgeschlagen. Die geheime Wahl wurde vom FDP-Abgeordneten Gerhard Aden um 11.12 Uhr eröffnet. Als letzte Abgeordnete warfen der FDP-Abgeordnete Friedrich Bullinger und die CDU-Abgeordnete Sabine Kurtz um 11.29 Uhr ihre Stimmzettel in die Wahlurne. Nach der Wahl leistete Kretschmann den Amtseid nach Artikel 48 der Landesverfassung, und zwar mit der religiösen Beteuerung: „So wahr mit Gott helfe.“
Ehefrau Gerlinde saß mit Enkel Julius und weiteren Familienangehörigen auf der Tribüne und applaudierten freudig. „Ich bin zufrieden, dass ich es gleich im ersten Wahlgang geschafft habe, es gab ja einige Turbulenzen“, kommentiere der Ministerpräsident seine Wahl. Er nahm es gelassen, dass er nicht alle Stimmen der Koalition erhalten hatte: „Jeder kann abstimmen, wie er es für richtig hält.“ Kretschmann erhielt auch kirchlichen Beistand für seine neue Amtsperiode. „Sie dürfen gewiss sein, dass ich Sie und Ihre Arbeit zum Wohl unseres Landes mit meinem Gebet begleite“, erklärte der Freiburger Erzbischof Stefan Burger.