Stuttgart. „Abstimmungsergebnis akzeptieren — Stuttgart 21 weiterbauen“: Unter diesem Motto diskutierten die Abgeordneten an diesem Donnerstag im Landtag. Über den Titel der Plenumssitzung herrschte bei allen Parteien Konsens. In einer von der FDP-beantragten aktuellen Debatte stellte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) klar, dass der Bahnhof nun endgültig gebaut werde.
Zweifel gegenüber seiner Person und Teilen seinen Mitarbeiter im Ministerium räumte er aus. Man ging und werde auch weiterhin den Weg der konstruktiven und kritischen Begleitung gehen. Die Landesregierung habe die Meinung des Volks gesucht und werde ihre Entscheidung selbstverständlich akzeptieren. Vor allem die Einhaltung des Kostenrahmes wurde von Seiten der Koalition in den Vordergrund gerückt.
Der Kostendeckel war für die FDP ebenfalls von zentraler Bedeutung. Allerdings müsse man hier zwischen politischen und projektbezogenen Kosten unterscheiden. Jochen Haußmann (FDP) machte in seinem Redebeitrag deutlich, dass die Volksabstimmung ein klares Signal gesendet habe: Die Bürger, insbesondere in der Region Stuttgart, wollten keine Debatten mehr sondern den Weiterbau. Daher müssen die Landesregierung und insbesondere der Verkehrsminister nun in eine aktive Rolle als Förderer des Projektes treten. Ob der Verkehrsminister dafür die geeignete Person sei, ließ er offen.
FDP-Fraktionsvorsitzender Hans-Ulrich Rülke hingegen legte Hermann indirekt den Rücktritt nahe. Der Minister sei als Verantwortlicher für die Projektumsetzung unglaubwürdig.
CDU-Abgeordnete Nicole Razavi sprach von einer „weisen“ Entscheidung der Bürger. Sie hätten sich für Rechtstaatlichkeit, Innovationswille, Modernisierung und Verlässlichkeit ausgesprochen und wären nicht auf die Täuschungsmanöver und Nebelkerzen der Grünen hereingefallen. In dem Sinne stelle die Volksabstimmung eine klare politische Niederlage für die Grünen dar.
Dieser Interpretation widersprach Claus Schmiedel (SPD). Die Bürger hätten über eine Sachfrage abgestimmt und nicht über Politik. Razavi konstatierte, die Landesregierung habe nun die Pflicht als Projektpartner Stuttgart21 endgültig in die Tat umzusetzen und den Widerstand gegen das Projekt — auch im eigenen Ministerium — aufzugeben. Daher müssten die Grünen aus dem Bündnis gegen den Bahnhof austreten und deeskalierend wirken.
Dieser Punkt wurde von Hermann bestätigt: Seine Partei werde sich nicht mehr an Demonstrationen beteiligen. Den Vorwurf der Befangenheit seines Ministeriums ließ er allerdings nicht stehen. Zu jedem Zeitpunkt hätten seine Mitarbeiter als loyale Angestellte des Landes das Projekt kritisch begleitet. Es gebe keinerlei Zweifel daran, dass die Grünen sich dem Votum der Bürger nicht beugen würden. Dieser Vorwurf sei politisch konstruiert und schüre Unsicherheit.
Ihm persönlich sei die Entscheidung des Volkes zwar schwer gefallen, doch habe er konträre Entscheidungen immer akzeptiert. Es gelte nun die Schwächen des Projekts auszubessern, es leistungsfähiger zu machen und den Kostendeckel einzuhalten. Dafür werde die Landesregierung sorgen. Man sei nicht bereit für Mehrkosten aufzukommen, die über die vereinbarte Kostenbeteiligung von 930 Millionen Euro hinausgingen.
Dabei werde man für Offenheit und Transparenz sorgen. Dafür soll nach Vorstellungen von Razavi ein obligatorischer vierteljährlicher Bericht zum Baufortschritt sorgen. Abschließend machte Hermann deutlich, dass Stuttgart 21 keine anderen Infrastrukturprojekte erschlagen werde, dafür werde die Landesregierung ebenfalls sorgen.
Diesen Punkt hatte zuvor Andreas Schwarz (Grüne) angesprochen. Man werde beim Ausbau des Öffentlichen-Personen-Nahverkehrs und beim Schienenverkehr in die Offensive gehen. Der Blick dürfe sich nicht mehr allein auf Stuttgart 21 gerichtet sein. Es sei wichtig über alle Schienenprojekte zu reden und ihre Umsetzung im Auge zu behalten.
Die Grünen werden sich nach Aussagen von Schwarz weiterhin und vermehrt für den Ausbau der Bürgerbeteiligung stark machen. Davon habe ihn die hohe Wahlbeteiligung und das bürgerliche Engagement beim Quorum, das er als historisches Ereignis bezeichnete, überzeugt. Hier suche man den Schulterschluss mit allen Fraktionen.
Schmiedel machte allen Parteien das Angebot, gemeinsam zu einer einvernehmlichen Verfassungsänderung bezüglich der Höhe des Quorums zu gelangen. Die Politik müsse nun zur Sachlichkeit zurückkehren.