Stuttgart. Nach einer stellenweise hitzigen Debatte haben Grüne und CDU am Donnerstag in den Haushaltsberatungen den Einzelplan 09 des Ministeriums für Soziales und Integration genehmigt. Er sieht Ausgaben in Höhe von 1,632 Milliarden Euro im kommenden Jahr und 1,536 Milliarden Euro im Jahr 2019 vor. Die drei Oppositionsparteien scheiterten – wie bereits im Finanzausschuss – auch im Plenum mit ihren Änderungsanträgen und sparten nicht mit Kritik.
„Wir beraten einen Sozialhaushalt, der von einer deutlichen Schieflage gekennzeichnet ist“, urteilte Jürgen Keck (FDP). Mit den massiven Kürzungen bei den Krankenhäusern, dem Verstecken hinter noch nicht beschlossenen Bundesmitteln zu Integration, den Kürzungen bei den Wohnmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen, dem Schröpfen der Kommunen bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, den unzureichenden Mitteln für die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes und dem Desaster bei der Finanzierung der Schulen für Physiotherapie schade Grün-Schwarz massiv den Kommunen und übertrage Kostenrisiken auf diese; zudem verweigere die Regierung dringend notwendige Zukunftsinvestitionen, kritisierte Sabine Wölfle (SPD).
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) brachte die Vorwürfe auf die Palme. Laut, aggressiv und teilweise giftig verteidigte er in der hitzigen Debatte, in der er keine Zwischenfragen zuließ, den Plan und die Arbeit seines Ministeriums. Dieses sei auch Gesellschaftsministerium und fördere den gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Das Wir-Gefühl ist für viele Menschen Lebenselixier“, stellte er fest. Deshalb hätten die Regierungsfraktionen und er „etliche Leuchttürme“ gesetzt und mit dem Haushalt auch Konsolidierungsaufgaben erfüllt und 12,7 Millionen gekürzt.
„Wir werden bewährte Projekte verstetigen und neue angeben“, kündigte Lucha an. Im Mittelpunkt soll dabei die Gestaltung des Zusammenlebens stehen. Als Beispiele nannte der Minister die Förderung der Jugend, neue Formen des Zusammenlebens, die Umsetzung der Gesundheitsreform, stärkere Schulsozialarbeit oder die Quartiersbildung, die Lucha „bis 2021 flächendeckend hinkriegen“ möchte. „Wir machen für jede Region das richtige Angebot“, kündigte er an. Auch der Gesundheitsversorgung stelle sich das Land „mit diesem guten Haushalt“. Zur Versorgung mit Hausärzten im ländlichen Bereich berichtete Lucha von steigenden Absolventen, die sich im Südwesten niederlassen wollen.
Grüne und CDU verteidigten den Sozialhaushalt. Das Land sei gut aufgestellt und investiere in eine „hochwertige, zuverlässige und sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung“. Grün-Schwarz arbeite für ein offenes, soziales Baden-Württemberg und biete Teilhabe für alle. Mit nur drei Prozent des Haushalts werde ein ungleich höherer Beitrag zum sozialen Zusammenhalt geliefert. Das Land richte das Programm zum Spracherwerb neu aus; der bewährte Zukunftsplan Jugend werde zum Masterplan weiterentwickelt. Das Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen werde mit weiteren fünf Millionen Euro unterstützt. Mit der Strategie „Quartier 2020“ werde sozialer Lebensraum in der Nachbarschaft gestärkt. Eine barrierefreie und inklusive Gesellschaft sei sinnvoll für das Gemeinwohl. Es gehe immer um Lebensqualität und Teilhabe für alle. Den Sozialhaushalt bezeichnete Thomas Poreski (Grüne) – im doppelten Sinn – als „preiswert“.
Auch Stefan Teufel (CDU) reagierte positiv. Notwendige Mehrbedarfe seien verwirklicht worden, die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission könnten berücksichtigt werden. Die Sozialpolitik setze direkt bei den Bedürfnissen der Bürger an, sagte Teufel. So würden Landesseniorenrat und Landesfamilienrat besser unterstützt, Kinder und Jugendlichen würden gute Startbedingungen geboten. Die ambulante ärztliche Versorgung bezeichnete der CDU-Abgeordnete als „gut“, im ländlichen Raum bestünden aber Nachwuchsprobleme, deshalb gebe es das Förderprogramm Landärzte mit zwei Millionen Euro. Im Pakt für Integration stelle das Land den Kommunen weitere Mittel zur Verfügung. Geld sollte auch zur Verbesserung der Situation in der Pflege genutzt werden; auch eine bessere Hospiz- und Palliativ-Versorgung sei vorgesehen. Die CDU wolle sich auch für taubblinde Menschen einsetzen. Das Bundesteilhabegesetz trete in mehreren Schritten in Kraft. Allerdings findet Teufel die Kürzung bei den Krankenhäusern als „schmerzlich“.
Der Opposition imponierte dies nicht. Im Bereich der Integration behelfe sich Grün-Schwarz sogar mit dem Trick, die 70 Millionen Euro des Pakts für Integration im Jahr 2019 auf null zu setzen, weil dieser befristet sei. Dabei glaube niemand, dass die mehr als 1000 Integrationsmanager und -beauftragte ab 2019 nicht mehr erforderlich seien, stellte der Liberale Keck fest. Er bemängelte die drastischen Kürzungen bei den Krankenhausinvestitionen; noch im Landtagswahlkampf hätten die Grünen 600 Millionen Euro pro Jahr gefordert, jetzt würden drastisch im Doppelhaushalt um 30 Millionen Euro gekürzt.
Wie in anderen Bereichen gebe es auch im Einzelplan 09 „unnötige Ausgabe“, konstatierte Christine Baum (AfD). Sie kritisierte die „Gender-Ideologie“ der Grünen und forderte eine altersgerechte sexuelle Erziehung. Sie verlangte eine wirksame Familienpolitik als „zentraler Auftrag für den Erhalt unseres Landes und Volkes“. Faktenorientierte Politik statt ideologische Wunschvorstellungen sei gefragt, sagte die AfD-Abgeordnete.
Für die vielen unbegleiteten „angeblich minderjährigen“ Flüchtlinge forderte sie eine objektive medizinische Altersbestimmung nach wissenschaftlichen Methoden. Damit könnte in zwei Jahren 270 Millionen Euro gespart werden. Außerdem sei Re-Integration nötig, worunter Baum die Rückführung – auch durch Prämien – der Migranten versteht, damit sich diese in ihrer Heimat eine Existenz aufbauen. Die Ausreisepflicht sei, gerade bei den vielen Wirtschafts-Migranten, ohne Wenn und Aber durchzusetzen.