Abgeordnete streiten über Bildungspolitik

26.11.2015 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. Die CDU-Fraktion will nach eigener Aussage bei einem entsprechenden Wahlergebnis im kommenden März durchsetzen, dass Gemeinschaftsschulen Klassen nach Leistungsstärke einrichten müssen, statt Kinder weiterhin auf unterschiedlichen Niveaus gemeinsam zu unterrichten.

Bei der aktuellen Debatte am Donnerstag im Landtag kündigte der frühere Staatssekretär im Kultusministerium Georg Wacker (CDU) neue Möglichkeiten für einen Rückgriff auf den „bewährten differenzierten Unterricht“ an. Und er stellte der grün-roten Landesregierung „in einer ersten Bilanz ein schlechtes Zeugnis aus“.

Über Freiheit wollte die CDU-Fraktion eigentlich diskutieren, über „bessere Chancen für alle“. Tatsächlich aber attackierte Wacker die Reformen der Landesregierung und die einschränkenden Konzepte für die Ganztagsschulen, obwohl doch "Eltern am besten entscheiden könnten, was ihren Kinder gut tut“. Die Kinder, die Eltern und die Lehrkräfte in den Gemeinschaftsschulen würden bevormundet, die Realschulen zum Unterricht nach dem Konzept der Gemeinschaftsschulen gezwungen, „und aus Lehrern werden Lernbegleiter“. Wacker, bildungspolitischer Sprecher seiner Fraktion, stellte Forderungen aus dem am vergangenen Wochenende beschlossenen CDU-Wahlprogramm dagegen: äußere Leistungsdifferenzierung, Wiedereinführung von Noten, freiwillige Angebote statt verbindlicher Ganztagsschulen.

Opposition sieht Abschaffung der Grundschulempfehlung kritisch

Ein zentraler Punkt ist für die Oppositionsfraktionen das Thema verbindlichen Grundschulempfehlung. Denn weder die CDU noch der FDP-Schulexperte Timm Kern sehen in ihrer von Grün-Rot durchgesetzten Abschaffung der Empfehlung ein Mehr an Freiheit für Eltern und Kindern, sondern die Beschneidung der Möglichkeiten weiterführender Schulen. Laut CDU sollen die Eltern nach einem Wahlsieg wieder über den Leistungsstand der Grundschüler und -schülerinnen informiert werden, um entsprechende Klassen bilden zu können.

Wo immer er in Baden-Württemberg hinkomme, treffe er „auf besorgte Bürger und Bürgerinnen, die ihre tiefe Unzufriedenheit mit der Bildungspolitik ausdrücken“, sagte Timm Kern. Wie Ludwig XVI. zu Beginn der französischen Revolution weigere sich Grün-Rot hartnäckig, „die Zeichen der Zeit zu erkennen“. Ausdrücklich zählte der Liberale zur „Liste der grün-roten Freiheitseinschränkungen“ auch die neuen Bildungspläne, um zugleich allerdings auch vor einem „Pendelausschlag in die andere Richtung“ in der Bildungspolitik zu warnen, sollte die CDU die Wahl gewinnen.

Grüne: Versäumnisse von Schwarz-Gelb müssen aufgearbeitet werden

Grüne und Sozialdemokraten wehrten sich gegen die schlechte Benotung unter anderem durch Hinweis auf "die Versäumnisse schwarz-gelber Landesregierung, die erst einmal aufgearbeitet werden mussten", wie die Grüne Sandra Boser meinte: unkontrolliertes Sterben von Hauptschulen, zu wenig Geld in der Kleinkindbetreuung, Inklusion zum Nulltarif, Abhängigkeit des Bildungserfolgs von sozialer Herkunft. „Sie haben doch die Anträge auf mehr Freiheit aus den Schulen jahrelang abgelehnt“, so die Grüne an Wackers Adresse. Es gehe der CDU nicht um mehr Freiräume, „sondern darum, das, was wir in fünf Jahren auf den Weg gebracht haben, wieder zurückzudrehen“.

Für die SPD verwies Stefan Fulst-Blei auf die zehn Milliarden Euro, die 2016 erstmals in den Bildungsbereich fließen. Die Opposition überspiele ihre konzeptionelle Schwäche durch Falschbehauptungen. „Wir haben gehandelt, wo Sie geschlafen haben“, sagte Fulst-Blei, der den von der CDU geplanten Umbau der Gemeinschaftsschule „als Angriff auf Kommunen, Schulträger, Schüler, Eltern, Lehrkräfte und den ländlichen Raum“ verurteilte. Diesen Angriff werde die Landesregierung zu verhindern wissen.

Stoch: Wahlprogramm der CDU verdient eine glatte Sechs

Auch Kultusminister Andreas Stoch (SPD) sprach von den „Veränderungsnotwendigkeiten“, die bei der Übernahme der Regierung augenfällig geworden seien. CDU und FDP hätten den Schulen nicht die Möglichkeit gegeben, auf Entwicklungen und den Rückgang von Schülerzahlen zu reagieren. „Sie haben keine Schulentwicklung zugelassen und dem Land Baden-Württemberg durch ihre Konzepte geschadet“, so Stoch. Die CDU habe mit ihrem Wahlprogramm „schriftlich eine glatte Sechs“ verdient und es nicht geschafft, "mündlich" in dieser Debatte etwas wettzumachen: „Sie werden leider sitzenbleiben müssen, und zwar auf den Plätzen, auf denen Sie jetzt sitzen.“ 


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