Erste gemeinsame Gesetzesinitiative sorgt für Missstimmung

14.12.2016 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. Der erste gemeinsame Gesetzentwurf aller fünf im Landtag vertretenen Fraktionen sorgte am Mittwoch für ein parlamentarisches Novum und Missstimmung zwischen den etablierten Fraktionen und der AfD. Die größte Oppositionsfraktion nutzte die Debatte in der ersten Lesung des Gesetzes zur Änderung des Volksabstimmungsgesetzes zu  Angriffen gegen die anderen vier Fraktionen im Parlament. „Sie haben Mist gebaut. Sie kriegen es nicht hin, einfache Gesetze zu machen“, schimpfte Rüdiger Klos (AfD) und warf seinen Kollegen Inkompetenz und Unfähigkeit vor.

Dabei zielte Klos auf die Novellierung des noch jungen Volksabstimmungsgesetzes, das der Landtag in der vergangenen Legislaturperiode zur Stärkung der direktdemokratischen Elemente beschlossen hatte. Durch die Änderung der Landesverfassung wurde damals ein Volksantrag eingeführt, wonach 0,5 Prozent der Wahlberechtigten den Landtag verpflichten können, sich mit dem Gegenstand des Volksantrags zu befassen.

Aus ersten Erfahrungen mit Volksanträgen, so argumentierten die Sprecher von Grünen, CDU, SPD und FDP, sei die Gesetzesänderung notwendig. Diese sieht vor, dass der volle Wortlaut des Volksantrags und seine Begründung künftig auf der Internetseite des Landtags bekannt gemacht werden. Im „Staatsanzeiger“ soll der Gegenstand des Volksantrags kurz benannt und im Übrigen auf die Internetseite des Landtags verwiesen werden. „Volksanträge, die beim Landtag angezeigt worden sind, sollen künftig leichter zugänglich gemacht werden, indem sie nicht nur im Staatsanzeiger im Baden-Württemberg, sondern auf der Internetseite des Landtags bekannt gemacht werden. Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Instrument haben außerdem gezeigt, dass die vorgesehene Bekanntmachung im Staatsanzeiger bei entsprechendem Umfang des Volksantrags zu teilweise erheblichem Aufwand führen kann. Dies wird durch die veränderte Form der Bekanntmachung vermieden“, heißt es im Gesetzentwurf.

Damit könnten Volksanträge einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, erklärte Hans Ulrich Sckerl (Grüne). Das bisherige Verfahren sei nicht geeignet für größere, umfangreiche Volksanträge. Auch Bernhard Lasotta (CDU) fand das neue Verfahren richtig. Denn der Volksantrag soll aus seiner Sicht „zu einem wirklichen Erfolg“ in Baden-Württemberg werden.

Reinhold Gall (SPD) reagierte empört auf die Kritik des AfD-Kollegen Klos. „Das hatten wir noch nie“, sagte der frühere Innenminister und folgerte: Die AfD sei an einer vernünftigen Zusammenarbeit nicht interessiert. Mit dem Volksabstimmungsgesetz habe man im vergangenen Jahr den Menschen mehr Demokratie ermöglicht – „eine Bereicherung der repräsentativen Demokratie“. Niemand habe bei der Formulierung des Gesetzestextes damals „mit so umfänglichen Volksanträgen rechnen können“, deshalb müsse nun eine praktikable Lösung geschaffen werden.

Auch Timm Kern (FDP) rügte die AfD: „So sieht also Ihre Verantwortungs- und Kooperationsbereitschaft aus.“ Die kurze Anzeige über den Volksantrag im „Staatsanzeiger“ und die ausführliche Begründung auf der Internetseite des Landtags sei angebracht. Kern schlug außerdem vor, in den Ausschuss-Beratungen auch ins Gesetz aufzunehmen, dass Menschen, die den „Staatsanzeiger“ nicht lesen und keinen Internet-Zugang haben, im Landtag Einsicht in ein ausgedrucktes Exemplar der Begründung solcher Anträge nehmen können. „So geht man parlamentarisch nicht miteinander um“, argumentierte auch Lasotta in Richtung AfD.


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