Stuttgart. Der Landtag hat am Mittwoch die seit 2009 laufende Notariatsreform in Baden-Württemberg abgeschlossen. Mit den Stimmen der Fraktionen von Grünen, CDU, SPD und FDP verabschiedete das Parlament das Gesetz zur Abwicklung der staatlichen Notariate zum 1. Januar 2018 und zur Anpassung von Vorschriften zu Grundbucheinsichtsstellen. Die AfD stimmte gegen das Gesetz und begründete ihre Ablehnung mit der Einflussnahme der Europäischen Union.
Das Gesetz regelt die Ausgestaltung des Amts der Notariatsabwickler und passt das Landesbesoldungsgesetz an die sich aus der Reform ergebenden Auswirkungen im Hinblick auf Ämter der im Landesdienst verbleibenden Angehörigen des württembergischen Bezirksnotardienstes an. Das Land bestellt Notariatsabwickler, die vom 1. Januar 2018 an die Geschäfte der staatlichen Notariate abwickeln. Diese sind nicht Landesbeamte, sondern selbstständige Inhaber eines vom Staat auf begrenzte Zeit übertragenen öffentlichen Amtes. Dafür werden ehemalige Notariate im Landesdienst – Statuswechsler und im Landesdienst verbleibende Notare – bestellt.
Justizminister Guido Wolf (CDU) bezeichnete das Gesetz als „Schlussstein der nicht mehr umkehrbaren Notariatsreform“. In der ersten Lesung hatte Wolf darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl der notariellen Geschäfte mit dem Ende des Beurkundungstermins noch nicht abgeschlossen sei; eine beträchtliche Zahl notarieller Geschäfte werde am Reformstichtag zwar begonnen, aber noch nicht beendet sein. Für die sachgerechte Beendigung dieser Geschäfte trage das Land Verantwortung, ansonsten würden erhebliche Schadensersatzforderungen drohen, begründete Minister Wolf das Gesetz. Dieses sei zwar „kein großer politischer Aufreger“, garantiere jedoch eine geordnete, solide Abwicklung der Reform, biete Perspektiven und Beförderungschancen für Notariatsbeamte, die künftig nicht als freie Notariate arbeiten wolle und garantiere Zuverdienstmöglichkeiten für die Abwickler, erklärte Wolf am Mittwoch.
Auch Thomas Hentschel (Grüne) hob die „Absicherung“ der Bediensteten hervor. Das Funktionieren des Notariatswesens im Land müsse auch über den Stichtag 31. Januar 2017 hinaus gesichert werden. Das Gesetz sei der richtige Schritt zur Verhinderung eines Stillstands im Notariatswesen und der „Schlusspunkt einer echten Mammutaufgabe“.
Marion Geltges (CDU) sagte, die Notariatsabwickler würden sicherstellen, dass Notariatsgeschäfte abgewickelt werden können. Außerdem eröffne das Gesetz bisherigen Notaren die Beförderungsmöglichkeiten nach A13 und A14. Mit dem Gesetz gehe die Ära der staatlichen Notariate zu Ende.
Durch den Stellenabbau würden einige Stellen verloren gehen, vor allem für Bedienstete mit befristeten Verträgen, erklärte Sascha Binder (SPD). Er forderte, gute Leute zu behalten und diesen Perspektiven aufzuzeigen. Vor allem Angestellten könnten beispielsweise bei der Polizei Stellen angeboten werden. Binder bezeichnete die Notariatsreform als „eine der größten“ in Baden-Württemberg.
Während Ulrich Goll (FDP) das Gesetz als „vernünftig“ bezeichnete, kündigte Rainer Balzer (AfD) die Ablehnung seiner Fraktion an. Die Reform beende eine über mehr als zwei Jahrhunderte bewährte Praxis. Zudem würden dem Land jährliche Einnahmen von bis zu 120 Millionen Euro gehen. Weitere 8 Millionen Euro würden für die 200 Abwickler den Steuerzahler belasten. Bereits im Februar 2015 hatte der Landtag die Notariatsreform beschlossen. Betroffen von der Reform sind 3000 der insgesamt 18 000 Mitarbeiter.
Wesentlicher Inhalt des Gesetzes ist die Fortsetzung der Sonderlaufbahn des Bezirksnotars über den 31. Dezember 2017 hinaus. Außerdem wird das Notarversorgungsgesetz neu geregelt. Zum 1. Januar 2018 werden die staatlichen Notariate im Rahmen der Reform aufgelöst; danach werden die notariellen Aufgaben in Baden-Württemberg von freien (nicht beamteten) Notaren zur hauptberuflichen Amtsausübung wahrgenommen. Die zu diesem Zeitpunkt im Notariat beschäftigten Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter werden in anderen Bereichen der ordentlichen Justiz eingesetzt. Für Assessorinnen und Assessoren, die im badischen Notariat beginnen, bedeutet dies von 2018 an eine Verwendung als Richterin oder Richter, Staatsanwältin oder Staatsanwalt. Zusätzlich bietet die Bundesnotarordnung den ehemaligen Notarinnen und Notaren die Möglichkeit, sich ab 1. Januar 2018 aus dem Landesdienst heraus bevorzugt auf freiwerdende Notarstellen zu bewerben.