Stuttgart. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist aus Sicht von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) nur durch sozialen Zusammenhalt möglich. Bei der Beratung des Einzelplans 07 des Staatshaushaltsplanes seines Ministeriums sagte Schmid am Freitag im Landtag, Grundlage zum wirtschaftlichen Erfolg seien ausreichend Fachkräfte sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die grün-rote Landesregierung habe deshalb frühzeitig diese zentralen Aufgaben angegangen und unter anderem eine Fachkräfte-Allianz geschmiedet. „Der Ausbau der Kleinkindbetreuung und die Einführung der Ganztagsschulen sind zentrale Elemente von guter Wirtschaftspolitik“, erklärte Schmid. Grün-Rot wolle auch künftig die „Regierung des bezahlbaren Wohnraums für Familien“ in Baden-Württemberg bleiben.
Die Landesregierung habe zudem „mächtig viel Geld“ investiert, um die duale Ausbildung zu modernisieren und die duale Ausbildung aufrecht zu erhalten. Mit seinem vorliegenden Etat für 2016 in Höhe von knapp 574 Millionen Euro entfalte sich ein neues Projekt, und zwar der Übergangsbereich Schule – Beruf. In vier Modellregionen sollen Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz erhalten, nicht – wie oft seither – in Warteschleifen geschickt werden, sondern auf eine richtige Berufsausbildung vorbereitet werden. Dafür dankte der Minister den beteiligten Unternehmen und Kammern. „Dies erhöht die Chancen auf eine Berufsausbildung. Unser Ziel ist, dass kein Jugendlicher ohne Ausbildungsplatz bleibt“, erklärte Schmid. Er wolle auch bei Migranten noch mehr für die berufliche Ausbildung werben.
Baden-Württemberg soll auch für ausländische Fachkräfte „attraktiv“ sein. „Wir igeln uns nicht ein“, begründete der Minister die Einrichtung von Welcome Centern. Gleichzeitig kündigte er ein Bildungszeit-Gesetz für das kommende Jahr an. Auch die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur „als Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts“ will Schmid fortsetzen. Ähnlich sieht es im IT-Bereich aus, wo der Breitbandausbau und die Digitalisierung weiter gehen sollen. „Wir können bei der Digitalisierung Vorreiter werden, nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt“, äußerte sich Schmid optimistisch über die Zukunftschancen im Südwesten.
Zu Beginn der Debatte hatte Reinhard Löffler (CDU) die Wirtschaftspolitik kritisiert. „Der Etat ist solide für Andorra, aber hausbacken für Baden-Württemberg“, sagte er. Er vermisse „Drive und Dynamik“, die Ansätze seien „mutlos und zaghaft“ und für „soziale Wellnessprogramme“ seien in der heutigen Wirtschaftspolitik kein Platz mehr.
Süffisant bemerkte Löffler unter Hinweis auf Aussagen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), die Grünen wollten von der wirtschafts- und technikfeindlichen Partei zur neuen Wirtschaftspartei werden. Da jedes dritte Unternehmen im Land inzwischen elektronisch ausgespäht werde, müsste die Cybersicherheit gerade in Baden-Württemberg oberste Priorität haben. Da das Land beim Breitbandausbau weit hinter Bayern zurück liege, müsse dieser beschleunigt vorangetrieben werden. Schnelles Internet allein reiche jedoch nicht. In Richtung Grüne sagte Löffler: „Statt sexueller Vielfalt sollte Informatik in die Lehrpläne.“
Andrea Lindlohr (Grüne) wehrte sich gegen diese Kritik. Grün-Rot unterstütze Existenzgründer, erhöhe die Wohnraumförderung um zweimal 75 Millionen Euro in 2015 und 2016, finanziere auch das Flüchtlingswohnen in den Kommunen und habe die Mittel für den Breitbandausbau um 31 Millionen Euro in zwei Jahren erhöht. „Wir verbessern die Bedingungen, damit die Unternehmen die Zukunft und Dynamik mitbestimmen können.“ Niko Reith (FDP) sieht ein Manko daran, dass das Wirtschaftsministerium durch die Zusammenlegung mit dem Finanzministerium nur noch eine Abteilung im Ministerium sei.