Stuttgart. Einstimmig haben die Abgeordneten des Landtags in zweiter Lesung beschlossen, die Beteiligung der Richter und Staatsanwälte in allgemeinen und sozialen Angelegenheiten auszubauen. Trotz einiger Kritikpunkte begrüßten auch Redner der Opposition das Gesetz. Bereits im Mai 2013 war das Landesrichtergesetz geändert worden, um die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten zu stärken.
Die Novellierung des Landesrichter- und –staatsanwaltsgesetzes verbessert nach Ansicht aller Redner die Beteiligungsrechte der örtlichen Richter- und Staatsanwaltsräte. Ferner ergänzt sie die überörtlichen Beteiligungsrechte auf der Bezirksebene sowie auf Ebene des Justizministeriums. Künftig soll es im Justizressort zudem die Möglichkeit eines Freistellungsjahrs („Sabbatjahr“) geben.
Stefan Scheffold (CDU) erklärte, die Mitbestimmung auch in nichtpersonellen Angelegenheiten sei auf ausdrücklichen Wunsch der Richter und Staatsanwälte hin in Angriff genommen worden. In der Anhörung zum Gesetzentwurf seien aber auch Punkte deutlich geworden, in denen die Richter und Staatsanwälte Verbesserungen gewünscht hätten. So seien Freistellungen wünschenswert, um die Mehrbelastung für die Richterräte aufzufangen; diese sei in großen Personalkörpern nicht mit denen an Fachgerichten vergleichbar. Und dass künftig alle Beurteilungen zu einheitlichen Stichtagen erfolgen müssten, bedeute an großen Gerichten eine große Belastung. Insgesamt sei das Gesetz „in Ordnung“, weswegen seine Fraktion zustimmen werde. Die erwähnte Kritik sei aber berechtigt.
Jürgen Filius (Grüne) lobte den „gelungenen Gesetzentwurf“. Mit dem „praxisorientierten“ Gesetz und dem breiten Konsens darüber zeige sich einmal mehr: „Die Justiz ist dem Landtag von Baden-Württemberg eine Herzensangelegenheit.“ Auch deren Attraktivität als Arbeitgeber werde dadurch gesteigert.
Mit der Stufenregelung im Gesetz werde eine “alte Forderung der SPD, aber auch vieler Richter“ endlich erfüllt, sagte Sascha Binder (SPD).
Auch seine Fraktion werde dem Gesetz zustimmen, sagte Ulrich Goll (FDP). Allerdings habe beispielsweise die Stichtagsregelung für Beurteilungen „ihre Tücken“, so Goll. Beurteilungen würden dadurch „zum Massengeschäft“ und diese würden künftig „weniger aussagekräftig sein“.
Dass das Gesetz für die Attraktivität des Richterberufs relevant sei, bezweifle er im Übrigen. Er habe es bislang nicht erlebt, dass in der Richterschaft über Geld geredet werden; doch das habe sich jetzt geändert; der achtprozentige Abschlag bei der Eingangsbesoldung habe „eine verheerende Wirkung nicht nur, aber gerade auch bei der Richterschaft“.
Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) dankte allen Vorrednern und allen Fraktionen des Landtags für die zugesicherte Zustimmung zum Gesetz. Die vor zwei Jahren ebenfalls einvernehmlich beschlossene Stärkung der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten habe er als Pflicht verstanden. Jetzt gelinge mit dem neuen Gesetz auch die Kür. Die Mitbestimmung in nicht-personellen Angelegenheiten, etwa bei der Einführung der elektronischen Akte, sei ebenfalls wichtig. Er hoffe, dass sich die als praxistauglich erweise; immerhin hätten die Richterräte an den Fachgerichten jahrzehntelang auch ohne Freistellungsregelung funktioniert. Falls sich aber doch der Bedarf nach Freistellungen herausstellen würde, „dann machen wir das in der nächsten Legislaturperiode“, sicherte Stickelberger zu.