Stuttgart. Die von den Grünen beantragte Landtagsdebatte zur Bedeutung von Kunst und Kultur haben SPD und FDP am Mittwoch genutzt, um sich kritisch mit den Kalkulationen des Finanzministeriums zur Sanierung der Stuttgarter Oper zu befassen. Für die SPD erklärte Martin Rivoir, es entwickle sich "eine Tragödie“, Nico Weinmann (FDP) sprach von einem „unsäglichen Trauerspiel“.
Dem Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater war eine Studie vorgelegt worden, die von einem Bedarf von 737 bis 958 Millionen Euro für die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg in den kommenden zehn Jahren ausgehen. Kunststaatssekretärin Petra Olschowski (parteilos) erläuterte, dass es dabei aber nicht nur um eine Sanierung gehe, sondern auch um den Neubau eines achtstöckigen Kulissengebäudes, um Verwaltungsumbauten und eine Interimsspielstätte.
Julia Philippi, die Sprecherin der CDU-Fraktion für Kulturpolitik, nahm sich des Themas grundsätzlich an und erinnerte an das Versprechen des Koalitionsvertrags, „die Freiheit der Kunst zu schützen und sie vor jeder Einflussnahme zu bewahren“. Vielfalt und Engagement gelte es zu erhalten und zu entwickeln hinzukommen müssten aber auch „verlässliche finanzielle und angemessene räumliche Bedingungen“. Das gelte für alle Kulturschaffenden im Land.
Ihr Grünen-Kollege Manfred Kern hob die „Reihe leuchtender Sterne“ hervor, die die großartigen Kultureinrichtungen unseres Landes, von den Staatstheatern über die Landesmuseen bis hin zu den Landesbühnen“. Es mache ihn „jeden Tag froh, daran mitzuarbeiten, dass Kunst und Kultur in Baden-Württemberg die besten Bedingungen vorfinden“. Rainer Balzer (AfD) warf den Grünen „Lobhudelei“ vor und der CDU den Fehler gemacht zu haben, „Kultur den Linken zu überlassen“. Die AfD wehre sich gegen die Instrumentalisierung.
Zur Stuttgarter Opernsanierung führte Rivoir aus, auch seine Fraktion sehe den Bedarf, insbesondere gehe es auch um die Arbeitsbedingungen der über tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den vergangenen vier Jahren sei aber nichts so richtig vorangegangen. „Ein grüner Ministerpräsident, der gerne in der Loge sitzt, ein grüner OB, ein grüner Baubürgermeister, eine grüne Kunstministerin, eine grüne Finanzministerin und eine grüne Baustaatssekretärin - da sollte man doch meinen, dass alles flutscht.“ Tatsächlich gebe es jedoch "nur Sand im Getriebe". Weinmann beklagte, dass es keine „solide Finanzplanung für die Sanierungsmaßnahmen“ gebe. Außerdem sei die Einbindung der Öffentlichkeit und der Beteiligten mangelhaft und die jetzt angestrebte Lösung mit Interimsbauten nicht nachhaltig.
Olschowski sprach die beiden Oppositionspolitiker direkt an: „Ich kann Sie beruhigen, diese Phalanx der Grüne vollkommen im Zeitplan liegt.“ Die Zahlen seien „ohne Zweifel hoch, sie gleichen aber jenen aus Köln und Frankfurt, ungeachtet dessen, ob wir sanieren oder neu bauen“. Auch sie ging auf Prinzipielles ein und nannte zugleich Zahlen: Danach haben alle Museen 16 Millionen Besucher pro Jahr, alle Theater und Orchester vier Millionen, eine Million Bürger engagieren sich in Musikvereinen und 330.000 Mitglieder in Chören.
Ihr Fazit: „Kunst und Kultur sind kein Minderheitenprogramm, sondern fester Bestandteil im ganzen Land für alle Menschen von überall her.“ Vorwürfe, die finanzielle Situation insgesamt und gerade im ländlichen Raum habe sich nicht verändert, wies die Staatssekretärin zurück. Denn der Kulturetat sei auf mehr als 500 Millionen Euro gestiegen und damit um 30 Prozent in den vergangenen acht Jahren.