Stuttgart. Auch abseits des Brexits tut sich Europa nach Ansicht von Europaminister Guido Wolf (CDU) „in manchen Bereichen schwer“. Die EU scheine auseinander zu driften, sagte der Minister am Mittwoch in der Aussprache des Landtags über aktuelle europäische Themen. Er sprach konkret die Länder Rumänien, Polen und Ungarn an, in denen „gemeinsame europäische Werte“ wie Rechtsstaatlichkeit und unabhängige Justiz gefährdet seien.
Im zu Ende gehenden Jahr habe Baden-Württemberg in die EU-Zukunftsdebatte eingewirkt. „Wir Baden-Württemberger sind Europäer“, sagte Wolf. Nur mit starker europäischer Politik sei die Zukunft möglich. Der Minister forderte, „nicht alles Brüssel und den Hauptstädten zu überlassen“, denn vor allem die Regionen müssten mitbestimmen. Er werde alles tun, damit die EU-Wahl am 26. Mai von europäischen Themen bestimmt wird und dazu Infos seines Ministeriums publizieren.
Zum Brexit urteilte Wolf, dieser bringe nur Verlierer. Aus baden-württembergischer Sicht dürfe am ausgehandelten Austrittsvertrag „nichts mehr verändert“ werden. Der CDU-Politiker bedauerte „die Baustelle“ in Frankreich; Präsident Macron sei im eigenen Land gescheitert, seine finanziellen Versprechungen würden nicht von stabilen Verhältnissen künden. Trotz einer gewissen Skepsis sei es notwendig, den deutsch-französischen Motor „wieder anspringen“ zu lassen.
Mit Ausnahme der AfD würdigten alle Fraktionen die EU. Josef Frey (Grüne) plädierte für eine Weiterentwicklung der EU, in der soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung „für uns nicht teilbar sind“. Die Welt brauche eine Treibhaus-Reduzierung von 55 Prozent, sonst stehe bald die Hälfte der Niederlande unter Wasser. Frey sprach sich für Teilhabemöglichkeiten der Bevölkerung aus; der neu geschaffene Bürgerdialog der Landesregierung sei dazu „ein wichtiger Schritt“. Als Werte- und Schicksalsunion gebe es in der EU Prinzipien und „keine EU à la carte“.
Aus Sicht von Joachim Kößler (CDU) muss die EU den richtigen Weg zur Subsidiarität und Integration schaffen. Brexit, der Handelskrieg mit der USA, das Finanzgebaren Italiens und die Streiks in Frankreich seien Herausforderungen, wobei Kößler beim Brexit „einen unkontrollierten Austritt“ der Briten fürchtet. Dies würde Baden-Württemberg gewaltig schaden und bei einem Export von elf Milliarden Euro allein 500 Millionen Euro an Zöllen und 200 Millionen Euro an Bürokratie kosten. Europa müsse untereinander flexibler werden, forderte der CDU-Abgeordnete, der hofft, dass Italien und Frankreich die Stabilitätsgrundsätze einhalten.
„Für alle steht die Tür offen, es gibt aber keine Drehtüren“, sagte Peter Hofelich (SPD) mit Blick auf die Briten. Er forderte die Landesregierung auf, sich weiter in Europa „einzumischen“. Seine SPD werde im Januar ein Leitbild von Europa besprechen. Trotz aller Probleme finde jeder, der Europa unterstütze, derzeit „gute Argumente“.
Erik Schweickert (FDP) kritisierte die Umweltpolitik der EU „gegen Deutschland“, griff dabei auch die Bundesregierung an. Berlin habe zu den Verhandlungen über neue CO2-Grenzwerte „keine Fachmänner, sondern Flachmänner“ geschickt. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und dem „grünen“ Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU) warf schlechte Verhandlungen zum Nachteil der deutschen Autoindustrie vor. Der Brexit sei „negativ und eine Katastrophe“ und zeige die „politische Unfähigkeit Englands“. Er bringe Herausforderungen für Baden-Württemberg.