Stuttgart. Gegenseitige Schuldzuweisungen prägten die Debatte zum Etat des Finanz- und Wirtschaftsministeriums an diesem Freitag im Landtag. Während die derzeitige Regierung die einstige bezichtigte ihr einen über Jahrzehnte angehäuften Schuldenberg und strukturelle Haushaltsprobleme hinterlassen zu haben, die bloß mühsam und langfristig abgebaut werden könnten, wirft die heutige Opposition der grün-roten Koalition vor, zum ernsthaften Sparen gar nicht in der Lage zu sein. Und das obwohl sie ein geordnetes Haus übernommen hätten.
Aller Differenzen und Schuldzuweisungen zum Trotz war der Ton der Debatte höflich. Wechselseitig bedankten sich Finanzminister Nils Schmid (SPD) und der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Finanzen Karl Klein (CDU) für die konstruktive Debatte des Haushaltsentwurfs im Ausschuss. Doch zu in der Sache brachten beide Seiten dennoch nichts gemeinsam zustande. Denn dazu sind die Interpretationen über die Finanzlage des Landes und die notwendigen Weichenstellungen zu unterschiedlich.
CDU und FDP vermissen seitens der Regierung den wirklichen Sparwillen. Die Zuwächse bei den Steuereinnahmen in den vergangenen Jahren würden eine raschere Reduzierung der Neuverschuldung ermöglichen, meinte etwa FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Und Joachim Kößler (CDU) kritisierte, dass Baden-Württemberg den Abbau der Neuverschuldung auf Null „erst auf den letzten Drücker“ erreichen werde. Der Hauptgrund dafür ist für die Opposition klar: „Sie haben ein Ausgabenproblem“, konstatierte Rülke. In allen Ressorts seien die Ausgaben gegenüber dem laufenden Jahr erhöht worden.
In der Regierungskoalition sieht man die Ursachen in der Vergangenheit. Der hohe Schuldenberg von 140 Milliarden Euro belaste das Land mit jährlich 1,9 Milliarden Euro Zinszahlungen und schränke die Handlungsfähigkeit ein, klagte Grünen-Finanzexpertin Muhterem Aras.
Eine kurzfristige Reduzierung der Neuverschuldung halten SPD und Grüne nicht für erstrebenswert. Es gehe um strukturelle Änderungen im Haushalt und die seien nur über Jahre zu erreichen, meinte der Finanzminister. Mit strukturellen Einsparungen von 810 Millionen Euro sei im Doppelhaushalt 2013/14 ein Anfang gemacht.
Weitergehende Sparmaßnahmen sind im Landtag nicht fraktionsübergreifend konsensfähig. Auf Regierungsseite wird moniert, dass man von der Opposition mehr Vorschläge erwartet hätte. Bei der CDU und vor allem der FDP zeigt man Unverständnis, dass alle Detailvorschläge, wie die Streichung der Förderung des sozialen Wohnungsbau, von Grün-Rot abgebügelt worden seien.
Nicht einmal auf der Einnahmeseite kommen die Parteien auf einen Nenner. Denn da kommen die Schweizer ins Spiel. Das im Bundesrat auch mit Hilfe der Landesregierung verhinderte Steuerabkommen mit dem Nachbarland, hätte dem Land jährlich Mehreinnahmen von einer Milliarde Euro gebracht, wird auf Seiten der Opposition vermutet. Diese Zahl hält Nils Schmid allerdings für absurd. Niemand könne vorhersagen, was tatsächlich an Steuereinnahmen tatsächlich erzielt worden wären, sagte Schmid. „Das sind Zahlen aus Fantasialand.“