Stuttgart. Die AfD-Fraktion im Landtag hält gesetzliche Maßnahmen zur Beseitigung der Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau für „schwerwiegende planwirtschaftliche Eingriffe in das Leben der Bevölkerung“. In einer von der SPD beantragten Aktuellen Debatte zum Thema „Gleichen Lohn für gleiche Arbeit für Frauen und Männer endlich auch in Baden-Württemberg durchsetzen“ erklärte der Hohenloher Abgeordnete Anton Baron, eine Gerechtigkeitslücke existiere hier nur in der Fantasie der Frau Bundesministerin Manuela Schwesig und sei „von seriösen Wirtschaftswissenschaftlern längst widerlegt“. Das Gender Pay Gap, also eine Lohnlücke zwischen den Geschlechtern, existiere „in der realen Welt so wenig wie das Seeungeheuer von Loch Ness“.
Für die drittgrößte politische Kraft im Land ist die freie Berufswahl nach Barons Worten „in einem freien Land eine freie Entscheidung“. Wenn Frauen gern Frisörin oder Arzthelferin werden wollten, seien sie sich über die damit verbundenen Verdienstaussichten im Klaren. Der 28-jährige Wirtschaftsingenieur zog einen Vergleich zum Hausbau in einer Einflugschneise: Wer neben dem Flughafen baue, könne sich danach nicht über Fluglärm beschweren.
Auch der CDU-Abgeordnete Fabian Gramling wollte den von Sozialdemokraten, allen voran Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, verbreiteten Zahlen keinen Glauben schenken. Danach verdienen Frauen immer noch 21 Prozent weniger als Männer. Die SPD vergleiche aber „Äpfel mit Birnen“. Wichtige Faktoren dürften eben nicht außerachtgelasssen werden, wie Teilzeitarbeit, Bildungsstandard, Dauer der Betriebszugehörigkeit, familienbedingte Auszeiten, aber auch unternehmensbedingte Positionen, Ausbildungsdauer, Alter, Berufserfahrung, Branche, regionaler Standort oder Verantwortungsbereich. Ein gewisser Unterschied erkläre sich wohl auch, zumindest zu einem kleinen Teil, daraus, dass Frauen bei Gehaltsverhandlungen zuweilen bescheidener aufträten als Männer und somit dementsprechend weniger aushandeln. „Dies ist ein Fehler“, so der 29-jährige Wirtschaftsprüfer. Er wisse aber aus seinem Studium, dass gerade „die jungen Frauen heute selbstbewusst sind“.
Naturgemäß eine ganz andere Tonlage schlugen die Parlamentarierinnen an. Sabine Wölfle (SPD) nannte es einen „Skandal, dass der Wert von Arbeit tatsächlich vom Geschlecht abhängt“. Entgeltgerechtigkeit sei auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie lobte den von der Großen Koalition im Bund vorgelegten Gesetzentwurf, dem die Union allerdings weiterhin skeptisch gegenübersteht, weil damit „nicht mehr dem Zufall überlassen bleibt, dass eine Frau merkt, dass sie schlechter bezahlt wird als ihr Kollege“. Vielmehr erhielten sie künftig ein Auskunftsrecht, und das sei dringend geboten. Auch die FDP-Abgeordnete Gabriele Reich-Gutjahr betonte den Handlungsbedarf, warnte aber zugleich vor zusätzlichen bürokratischen Hürden. Stattdessen schlug sie vor, Initiativen zu nutzen und überall für gleiche Entlohnung zu werben. „Ermutigen Sie die Frauen, ihre Chancen zu nutzen, und Unternehmer, die Potenziale der Frauen zu sehen“, so die Stuttgarterin in ihrer ersten Landtagsrede. Damit sei allen mehr gedient als mit einem weiteren Gesetz.
Für die Landesregierung stellte Staatssekretärin Bärbl Mielich (Grüne) Einigkeit unter Grünen, CDU, SPD und FDP im Grundsatz fest, „wenn es darum geht, zu sagen: Wir brauchen tatsächlich eine Bezahlung, die für Frauen und Männer nicht nur gleich ist, sondern die tatsächlich auch die Entgeltgleichheit abbildet“. Und sie zitierte Gregor Gysi (Linke), der die Entgeltungleichheit mit der Zahl der Toilettenhäuschen bei Volksfesten illustriert habe. Es gebe immer gleich viele Häuschen, obwohl doch die ganze Welt wisse, dass Frauen länger und Männer kürzer brauchen, weshalb Frauen dort immer Schlange stünden. Wenn es umgekehrt wäre, hatte Gysi gesagt, "stünden seit tausend Jahren drei Männer- und ein Frauenwagen auf jedem Volksfest.“