FDP will Hauptschule aufwerten und scheitert

20.03.2019 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. FPD-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hat die Einbringung eines Gesetzentwurfs zur beruflichen Realschule mit massiver Kritik an der früheren grün-roten Landesregierung verbunden. Deren Ziel sei gewesen, „das differenzierte und vielgliedrige Schulsystem des Landes Baden-Württemberg abzuschaffen und durch eine Einheitsschule zu ersetzen“. Gerade die Haupt- und Werkrealschulen seien Grünen und SPD ein Dorn im Auge. Allerdings „ist auch von Grün-Schwarz keine echte Unterstützung der Haupt- und Werkrealschulen zu erwarten“. Die Liberalen wollen jetzt „das berufspraktische Profil der Haupt- und Werkrealschulen durch eine enge Anbindung an unsere erfolgreichen beruflichen Schulen stärken“.

Eine Anhörung hat bereits stattgefunden, 17 Verbände und Institutionen haben sich beteiligt. Rülke bewertet „acht Stellungnahmen positiv oder zumindest grundsätzlich positiv“, darunter die von Städte-, Gemeinde- und Handwerkstag, von Arbeitgebern, IHK Stuttgart und den im Beamtenbund vertretenen Lehrerverbänden. Der FDP-Fraktionschef weiß aber, dass es am Ende keine parlamentarische Mehrheit für den Vorstoß der Liberalen geben wird. Man hoffe aber „einen Anstoß zu einer Diskussion zu geben, die die Landesregierung aus unserer Sicht nicht ignorieren kann, zumindest aber nicht ignorieren sollte“.

Für die Grünen vermisste Elke Zimmer allerdings gerade hier „innovative Ideen“ der FDP. Vorgeschlagen würden lediglich eine Umbenennung in berufliche Realschule und eine teilweise Verlagerung des Unterrichts in die beruflichen Schulen. Es sei allerdings zweifelhaft, dass damit die Akzeptanz dieser Schulart bei Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern verbessert werden könne. „Das wäre einfach ein neuer Bebber auf eine alte Schulart, mehr nicht, vor allem, wenn man sich auch anschaut, wie Sie sich das vorstellen mit der Steigerung der Attraktivität dieser Schulart“, kritisierte Zimmer.

Auch Gerhard Kleinböck (SPD) kann dem Gesetzentwurf nichts abgewinnen, denn seine Umsetzung "wäre auch nichts anderes als ein weiterer Rohrkrepierer, ein weiterer Flop.“ Gerade die vergangenen Jahre hätten gezeigt, „dass die Hauptschulen und die Werkrealschulen kein Zukunftsmodell sind, trotz der unbestritten guten Arbeit der Lehrkräfte“. Ein Hauptgrund dafür seien die veränderten Anforderungen in der Berufswelt.

CDU-Experte spricht von „Kahlschlag 2011 bis 2016“

Deutlich positiver reagierte Raimund Haser (CDU), der an das Werkrealschulkonzept der CDU-FPD-Landesregierung von 2006 bis 2011 erinnerte. Ein Jahr nach ihrem Ende hätte es ursprünglich zu solchen Kooperationen mit den beruflichen Schulen kommen sollen. Deswegen sei seine Fraktion im Grundsatz mit der FDP einig über die positiven Auswirkungen einer Verbindung der beiden Schularten. Haser richtete auch deutliche Worte an den heutigen Koalitionspartner und sprach im Blick auf Grün-Rot von einem „Kahlschlag 2011 bis 2016“.

In den Haupt- und Werkrealschulen, die ihn überlebt haben, sieht Haser "heute wertvolle Bausteine in der Bildungslandschaft vor Ort“. Und weiter: „Dort, wo die Haupt- und Werkrealschulen funktionieren, leisten sie auch einen wertvollen Beitrag für diejenigen Eltern, die eben klar wissen, dass sie jemanden zuhause haben, den man vielleicht das ein oder andere Mal auch schuggen muss, wie man auf gut Schwäbisch sagt, und dem man eben mit einer Schule ohne Noten nicht wirklich weiterhilft.“ Deshalb lehnte schlussendlich auch Haser die FDP-Anregungen ab. 

Stefan Räpple (AfD) schließlich beklagte den aus seiner Sicht vorhandenen Graben zur Realität. Er wolle „nicht weiter von fettgefressenen Politikern sprechen“, trotzdem müsse man sich „an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientieren“. Gerade damit hätten „natürlich viele akademisch geprägte Politiker ein Problem, aber ich als Handwerker weiß, wo die Probleme liegen“.

Eisenmann beklagt „klare Benachteiligung des ländlichen Raums“

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) baute eine Brücke zur FDP insoweit, als sich auch für sie „jede Diskussion über diese Schulart lohnt“. Sie versprach Lehrerinnen und Lehrern, Perspektiven zu entwickeln. Dazu gehöre eine berufliche Orientierung – in dieser Schulart wie übrigens auch in allen anderen Schularten. Zugleich kritisierte sie aber unter anderem „eine klare Benachteiligung des ländlichen Raums, weil es dort zum Teil große Fahrstrecken gibt“ Es sei ihr ein Rätsel, wie die FDP die Schülerinnen und Schüler dieses Alters zum Unterricht bekommen wollten. „Und im Übrigen“, so die Ministerin, „stellt sich auch die Frage, wer selbiges bezahlt.“


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