CDU geht der Abbau des Unterrichtsausfalls an beruflichen Schulen zu langsam

27.06.2012 
Redaktion
 

Stuttgart. Das strukturelle Unterrichtsdefizit an beruflichen Schulen muss gesenkt werden. Über diesen Punkt waren sich an diesem Mittwoch alle Parteien im Landtag einig. Die CDU-Fraktion hatte den Antrag gestellt. Die Landesregierung sei beim Abbau des Unterrichtsausfalls auf einem guten Weg, sagte Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD). Man habe das Defizit im Vergleich zum Vorjahr von 4,4 auf 4,1 Prozent absenken können. Zugleich habe man neue Deputate geschaffen - und das in Zeiten einer schwierigen finanziellen Haushaltslage. Die Opposition zeigte sich unzufrieden: Die beruflichen Schulen würden zu wenig gefördert.

Die CDU-Politikerin Viktoria Schmid warf der Regierung vor, sich nicht an die gemeinsam getätigten Beschlüsse der Enquêtekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft - Berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ aus der vergangenen Legislaturperiode zu halten. Damals werde der Abbau des strukturellen Unterrichtsdefizits, also der Wegfall von Pflichtunterricht an beruflichen Schulen, genauso festgeschrieben wie die Gleichwertigkeit der beruflichen und allgemeinen Bildung. Nach Ansicht der CDU seien rund 1100 neue Stellen nötig, um den Ausfall von Schulstunden zu verhindern. Doch die Regierung habe lediglich rund 600 neue Stellen geschaffen, obwohl 700 frei würden, nennt Schmid Zahlen.

„Das ist eine Kürzung. Die Koalition boykottiert ihr eigenes Abkommen der Enquêtekommission“, sagte die Politikerin. Sie äußerte sich ebenfalls negativ über das Listenverfahren. Die Schulen erhielten viel zu spät Nachricht darüber, wie viele Lehrer sie erhielten. Außerdem hätten viele Schüler Schwierigkeiten, eine passende Schule für sich zu finden. Darunter leide der Ausbildungsstandort Baden-Württemberg. Schmid appellierte an die Regierung, die Handlungsempfehlungen der Enquêtekommission umzusetzen.

„Auf der Prioritätenliste von Grün-Rot stehen die beruflichen Schulen ganz unten“, sagte Timm Kern (FDP), Er kritisierte erneut die Fokussierung der „bildungspolitischen Umgrabungen“ der Koalition auf die Gemeinschaftsschule – gerade zu Lasten der Berufsschulen. 900 Lehrer fehlten dort. Hinzu komme die enorme Lehrerbugwelle mit angesammelten Überstunden. Die Koalition schaffe es nicht, die Bugwelle und das Unterrichtsdefizit abzubauen und bringe damit junge Leute um ihre Aufstiegs- und Bildungschancen.

Die Politiker der Koalition sahen dies völlig anders. „Die Vorgängerregierung hat das strukturelle Defizit über Jahre kultiviert. Das können wir nicht in einem Jahr ausgleichen“, sagte Gerhard Kleinböck (SPD). So sei das Defizit über rund sechs Jahre nahezu konstant bei rund 4,5 Prozent geblieben. Die Forderungen der CDU seien daher nicht nachvollziehbar. Kleinböck beklagte die seit jeher schlechte Lobby der Berufsschulen. Siegfried Lehmann (Grüne) betonte den historischen Tiefstands des Unterrichtsausfalls in laufendem Jahr. Zur Verbesserung der Situation habe man außerdem 100 Lehramtsreferendare für Gymnasien an berufliche Schulen abgeordnet.

Kultusministern Warminski-Leitheußer bekräftigte, dass die beruflichen Schulen in die Lage versetzt würden, ihre Arbeit gut zu machen. Ziel sei es, das strukturelle Unterrichtsdefizit an den beruflichen Schulen, das auf die Vorgängerregierungen zurückzuführen sei, schrittweise abzubauen. Aus finanziellen Gründen wäre es jedoch schwierig, die Versäumnisse der Vergangenheit kurzfristig aufzufangen. Die Umsetzung konkreter Maßnahmen werde auch von den Haushaltsberatungen in den kommenden Jahren und den ebenfalls zu finanzierenden vielfältigen bildungspolitischen Innovationen abhängen. Die Ministerin versicherte, die Sanierung des Haushalts werde nicht auf Kosten der Lehrer vollzogen werden.

Außerdem verwies sie auf die Sondersituation in diesem Jahr, welche einmalige Listenverfahren erforderlich gemacht habe. In Zukunft werde es diese Einstellungspraxis nicht mehr geben. Mit 650 neuen Lehrern und den 100 Referendaren habe Grün-Rot die Situation an den beruflichen Schulen im Vergleich zur Vorgängerregierung verbessert.


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