CDU und Grüne uneinig in der Bewertung des Klimapakets

23.07.2021 
Redaktion
 

STUTTGART. Die Regierungsfraktionen sind uneins in der Bewertung des vergangene Woche verabschiedeten Klimapakets. Josha Fey (Grüne) lobte die Ambitionen der Europäischen Union, von der Einführung eines eigenen Emissionshandels für den Wärme- und Verkehrsbereich über die Einführung eines CO2-Grenzausgleichs, vom Verbrennerverbot ab 2035 und der Verschärfung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie bis hin zu wirksameren Vorgaben für die energetische Gebäudesanierung.

„Das ist das anspruchsvolle Klimaschutzpaket weltweit“, so Frey in der turnusmäßigen europapolitischen Debatte des Landestags. Eine Einschätzung, die Tobias Vogt (CDU) nicht uneingeschränkt teilen mochte: „Was ich nicht nachvollziehen kann, ist, dass die EU-Kommission stellenweise auf völlig überflüssige Markteingriffe und Reglementierungen setzen will, etwa das verbindliche Verbot des Verbrennungsmotors bis zum Jahr 2035 bei Neuzulassungen.“ Er sei sicher, dass es dieses Verbot überhaupt nicht brauche, weil die Automobilhersteller und die Verbraucher "das um einiges schneller schaffen werden".

"CO2-Flottengrenzwerte sind ambitioniert"

Nach dem Kultusministerium ist die Zuständigkeit für die Europapolitik die zweitwichtigste Kompetenz, die in der neuen Landesregierung von der CDU zu den Grünen wanderte. Florian Hassler, der neue Staatssekretär im Staatsministerium, griff die Einwände Vogts direkt auf: Die angesprochenen CO2-Flottengrenzwerten seien ambitioniert, „aber wir brauchen ambitionierte Ziele und die richtigen Rahmenbedingungen, um sie zu erreichen“. Jetzt liege ein Legislativvorschlag auf dem Tisch, die wirkliche Umsetzung komme in den nächsten Monaten „und wird auch uns, den Landtag, intensiv beschäftigen“.

Für die SPD nannte Katrin Steinhülb-Joos die langfristigen Ziele der Kommission einen Ansporn für Baden-Württemberg, um in weiteren Bereichen Vorreiter sein zu können, beginnend beim bewussten Ressourceneinsatz durch weiter voranschreitende Digitalisierung oder durch sinnvoll genutzte Sonnenenergie und vor allem auch deren Speicherung. „Sponge City ist so ein Paradebeispiel mit ungeahntem Potenzial“, erklärte die neue Stuttgarter Abgeordnete. Dabei würden Schwammstädte so angelegt und nachvernetzt, „dass angefallenes Regenwasser gezielt aufgefangen, umgeleitet und intelligent ressourcenschonend eingesetzt wird“.

"Zu wenig für Rahmenabkommen zwischen EU und Schweiz eingesetzt"

Alena Trauschel (FDP) nutzte die Gelegenheit zur Kritik an der Landesregierung, weil sich die in den Augen der Liberalen zu wenig eingesetzt hat für das Zustandekommen des institutionellen Rahmenabkommens zwischen der EU und der Schweiz. Und jetzt sei das Scheitern am 26. Mai der Koalition in ihren europapolitischen Bericht nicht einmal eine Unterüberschrift wert. Dabei habe sie knapp zwei Monate Zeit gehabt, "die politischen, juristischen und ökonomischen Folgen des gescheiterten Rahmenvertrags zu eruieren". Und was habe Landesregierungen davor unternommen, um die Stimmung in der Schweizer Bevölkerung zu drehen, wollte Trauschel wissen: „Eine derart sträfliche Vernachlässigung der Interessen der baden-württembergischen Verbraucher, Unternehmer und Arbeitnehmer hätte es mit einem Wirtschaftsminister der Freien Demokraten nicht gegeben.“

Er persönlich, konterte Hassler, habe das Thema auf der Internationalen Bodenseekonferenz auf die Tagesordnung setzen lassen. Gefasst worden sei ein Beschluss gefasst gemeinsam mit den Grenzkantonen aus der Schweiz, mit Österreich und Liechtenstein, der ein deutliches Signal auch an die Regierungen in Bern und in Brüssel ausgesendet hat, „also ich muss mich nur wundern, wenn ich höre, was Sie hier erzählt haben“.

Noch schärfer als jene der FDP fiel die Kritik der AfD aus, die prophezeite, dass „nationale Kontrollen von EU-Kompetenzüberschreitung rechtlich ein für alle Mal aus der Welt geschafft werden sollen“. Und Emil Sänze stellte sich an der Seite der „unbeugsamen Briten“, die stets gegenüber einer politischen Zentralisierung des Kontinents und drohender Fremdherrschaft misstrauisch gewesen seien. Und sie würden jetzt schikaniert werden, „um keinen Präzedenzfall eines EU-Austritts zu schaffen“.


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