Stuttgart. Baden-Württembergs Wirtschaft will Afrika als Markt entdecken. Afrika als Zukunftsmodell solle zunehmend in den Fokus der Außenwirtschaft rücken, erklärte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) am Mittwoch in der Debatte des Landtags zum Thema „Strategie für Afrika“. Nach dem ersten „Wirtschaftsgipfel Afrika“ im September will die Landesregierung deshalb gemeinsam mit Unternehmen den Kontakt mit dem südlichen Kontinent ausbauen.
So wird Wirtschafts-Staatssekretärin Katrin Schütz (CDU) im November noch nach Ghana und Nigeria und 2019 nach Äthiopien und Kenia reisen. Die Wirtschaftsministerin wird im kommenden Jahr eine Delegation nach Südafrika und einem weiteren Land anführen. Bisher würde das Handelsvolumen zwischen Baden-Württemberg und allen afrikanischen Ländern mit 7,1 Milliarden Euro, also nur gut zwei Prozent des gesamten Außenhandels, nicht überzeugen, konstatierte Hoffmeister-Kraut.
Nach IHK-Informationen besitzen nur 105 baden-württembergische Unternehmen eigene Niederlassungen oder Produktionsstätten in Afrika, vor allem in Südafrika, Ägypten, Uganda, Kenia, Namibia, Nigeria und Tunesien. Aus Sicht der Ministerin sind für Firmen aus dem Südwesten besonders interessant die Länder Äthiopien, Ghana, Kenia, Mosambik, Nigeria und Südafrika.
In der Vergangenheit seien große Summen an Entwicklungshilfe nach Afrika geflossen, allerdings mit mäßigem Erfolg. Trotz Devisen- und Finanzierungsproblemen sieht Hoffmeister-Kraut den schwarzen Kontinent als Chance. In Afrika werde eine größere Mittelschicht entstehen. Deshalb biete es ein großes Potential. In Afrika entstehe derzeit die größte Freihandelszone der Welt mit einem Gesamt-Bruttoinlandsprodukt von zwei Billionen Euro und einem Markt von 1,2 Milliarden Menschen, hatte die Ministerin schon beim Afrika-Gipfel erklärt. Zudem brächten steigende Kaufkraft einer jungen, wachsenden Bevölkerung, umfangreiche Investitionsprojekte sowie neue digitale Errungenschaften vor allem den Ländern Subsahara-Afrikas einen wirtschaftlichen Wandel, von dem auch Baden-Württembergs Unternehmen profitieren könnten.
Auch Claus Paal (CDU) bezeichnete Afrika mit seinen 54 Ländern als „Zukunftskontinent“, der als Wirtschafts-Standort nicht ignoriert werden dürfe. „Andere handeln dort schon lange, wir schauen noch zu“, wunderte sich der Unternehmer. So habe sich China längst Rohstoffmärkte und politische Einflussnahme gesichert. Die Wirtschaft im Südwesten müsse sich „einen Ruck geben“, forderte er. Dazu gehören für Paal Beratungsangebote, Ausbildungs-, Jobs- und Städtepartnerschaften sowie Imagearbeit. Viele Staaten seien rechtssicher und stabil, die Begeisterung bei Mittelständlern für Afrika wachse.
Auch Andrea Lindlohr (Grüne) sieht Afrika als Kontinent „voller Vielfalt und Chancen“. Die Privatwirtschaft dort dehne sich aus, es gebe wachsende Mittelschichten und verändertes Konsumverhalten. Dagegen seien Einfuhren aus Afrika nach Baden-Württemberg rückläufig. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Partnerländern seien ihr wichtig, genauso, wie die Wertschöpfung im Land und Ökologie zu fördern. Lindlohr kritisierte China, das viele afrikanische Länder in die Schuldenspirale treibe.
Carola Wolle (AfD) sieht ebenfalls Potential in Afrika, aber auch „nicht unerhebliche Probleme“, wie die exorbitante Bevölkerungsexplosion, die Fortschritte bedrohe. Dies sei „kein guter Nährboden“ für nachhaltiges Engagement. Sie kritisierte, dass die Einnahmen Nigerias aus Öl und Gas nicht bei der Bevölkerung auf dem Land ankomme und dass sich in Südafrika „eine neue Art der Apartheid“ breit mache: „Weiße werden ermordet.“ Wolle mutmaßte, dass die Probleme Afrikas zum Problem Europas werden könnten.
Für eine Afrika-Strategie auf Augenhöhe warb Daniel Born (SPD). Man müsse miteinander partnerschaftlich handeln. „Beide Seiten sollen gewinnen“, lautete sein Credo. Born schlug Ausbildungspartnerschaften vor, um langfristige und faire Kooperationen aufzubauen. Auch menschenwürdige Bedingungen seien notwendig, denn „Menschenrechte sind universal“.
Als „Geste der Wertschöpfung“ solle Baden-Württemberg den Dialog suchen, schlug Erik Schweickert (FDP) vor. „From aid to trade“ – von der Hilfe zum Handel – müsse das Motto lauten. Den Südwest-Unternehmen schlug er vor, Aktionen zu koordinieren und abzustimmen, denn in Afrika „warten gigantische Herausforderungen“. Es bedürfe dort auch Binnennachfrage und Infrastruktur.